Karl Nolle, MdL
Freie Presse, 14.02.2001
Misswirtschaft mit dem Geld der "großen Mutter" - Dickes Minus bei Sachsens SPD
Stärkte die Landesvorsitzende ihrem Geschäftsführer zu lange den Rücken?
DRESDEN. Von „Reibungsverlusten“ war die Rede. Dem ausgeschiedenen Geschäftsführer wurde mangelnde Flexibilität, Hang zur Bürokratie und unzureichende Zusammenarbeit mit der Landtagsfraktion vorgeworfen. Doch Lutz Kätzel (46), der von Sachsens SPD-Chefin Constanze Krehl nach zehnjähriger Tätigkeit als Geschäftsführer fristlos entlassen wurde, stolperte letzthin über ein Minus in der Bilanz. Erstaunen rief am Diesntag in der Parteibasis die in der „Freien Presse“ genannte Zahl von 200.000 Mark hervor, die die SPD als Verlust in ihrer Vorjahresbilanz ausweist. „Schlamperei“, schimpfte ein Mitglied aus dem Vogtland, „dass mit unseren Beiträgen eine derartige Misswirtschaft betrieben wird.“
Dabei würde die sächsische SPD, die mit ihren 5000 Mitgliedern kleiner ist als manch westdeutscher Unterbezirk, gar nicht in der Lage sein, ihren Verwaltungsapparat aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Angaben über die Höhe des Etats und die Leistungen aus der Kasse der Bundespartei will Krehl nicht machen. Das seien interne Zahlen. Aber der Verlust von 200.000 Mark dürfte in Berlin kaum als sachseninternes Ereignis gewertet werden. Wohl auch deswegen reagierte Krehl jetzt so rasch, nachdem sie sich bisher schützend vor Kätzel gestellt hatte.
„Auch Organisationen, die nicht mit Profit arbeiten, müssen professionell geführt werden“, meldete sich der Dresdner Landtagsabgeordnete Karl Nolle zu dem Finanzloch in seiner Partei. Wer mit fremdem Geld alimentiert werde, trage eine besonders große Verantwortung, sprach Nolle aus, was eigentlich auch in seiner Landespartei selbstverständlich sein sollte. Das Minus war auch durch eine doppelte Anmietung der Landesgeschäftsstelle entstanden. In der alten Adresse liefen die Kosten weiter, während die neue bereits angemietet war. Wohl zu Recht fürchtet Constanze Krehl jetzt, dass der „Fall Kätzel“ sie noch ein Weilchen beschäftigt. Der Geschäftsführer war zwar für das Controlling zuständig. Aber Kätzels Chef heißt Krehl.
(von Hubert Kemper)