Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 06.12.2005
Ex-Chef gibt Freistaat Schuld an Insolvenz
Dresden. Für Klaus Bartl, Rechtsexperte der Linkspartei und Anwalt, ist die Sache klar: Nicht sein Mandant Friedrich Bender gehöre auf die Anklagebank, sondern eigentlich der Freistaat Sachsen. Gegen Bender wird seit einem Jahr vor dem Leipziger Landgericht wegen Subventionsbetrugs verhandelt. Vorwurf: Er soll sich um 20 bis 30 Millionen Euro bereichert haben.
Bender war Mitte der 90-er Jahre Projektleiter und Geschäftsführer der Werkstoff-Union Lippendorf. Doch nach dem Auftauchen von Unregelmäßigkeiten forderte die Kommission ihre Beihilfen zurück, das Unternehmen meldete Insolvenz an. Bender steht seither im Fadenkreuz der Justiz und saß bereits einige Monate in Untersuchungshaft.
Zu Unrecht, wie er und sein Anwalt Bartl meinen. Er habe nichts verheimlicht, sondern dem sächsischen Wirtschaftsministerium detailliert über alle Einzelheiten der geplanten Produktion informiert. "Die lückenlose Unterrichtung kann ich beweisen. Ich habe nichts Unrechtes getan", sagt Bender und schiebt dem Freistaat den Schwarzen Peter zu: Das Land habe es versäumt, rechtzeitig eine Ausnahmegenehmigung einzuholen. "Hätte Sachsen das Verfahren richtig durchgeführt, wären keine Probleme aufgetaucht", sagt Bender. Jetzt wolle das Wirtschaftsministerium von den Versäumnissen ablenken und mache ihn zum Sündenbock.
Streitpunkt ist die Stahlproduktion, die in der Europäischen Gemeinschaft für Kohl und Stahl (EGKS) strengen Auflagen unterliegt. Konkurrenten warfen der Werkstoff-Union nach dem Produktionsstart jedoch eine marktbeherrschende Stellung vor. Das bestreitet Bender: Die Edelstahlproduktion sei in der Startphase gelaufen und wäre in den ersten Jahren zugunsten von hochwertigen Nichteisenmetallen fast auf Null zurückgefahren worden. Bender: "Wir waren kein Stahlwerk." Der 58-Jährige war erst Ende November nach Intervention des Verfassungsgerichtshofes auf freien Fuß gekommen.
Das Ministerium wollte sich zu dem schwebenden Verfahren nicht äußern, wies bislang die Vorwürfe aber zurück. Der Abteilungsleiter für Wirtschaftsförderung wird im Februar vor dem Landgericht erwartet.
Sven Heitkamp