Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 28.12.2005
NPD bekommt Konkurrenz
Parteigründung. Zwei Aussteiger wollen der rechtsextremen Partei die Mitglieder abwerben.
Das Projekt „Partei-Neugründung“ war eigentlich erst für das Frühjahr nächsten Jahres geplant. Doch der ehemalige NPD-Landtagsabgeordnete Mirko Schmidt, der sich vor einer Woche mit einem spektakulären Austritt von der rechtsextremen Partei und der Fraktion getrennt hatte, will nun nicht länger warten.
Während der 39-Jährige gestern in Meißen mit seiner langjährigen Lebensgefährtin und Mutter seiner beiden Kinder Hochzeit feierte, bestätigte Schmidt, dass er so schnell wie möglich die „Sächsische Volkspartei“ (SVP) ins Leben rufen will. Als Mitstreiter gab er den zweiten NPD-Abtrünnigen der vergangenen Tage, den jetzt ebenfalls parteilosen Landtagsabgeordneten Klaus Baier aus Annaberg-Buchholz, an. „Viele werden denselben Weg gehen wie ich“, meint das Ex-NPD-Mitglied Schmidt optimistisch, der nach dem Austritt aus der rechtsextremen Partei nun vor allem gezielt „Intelligenz aus der NPD abziehen“ will. Als inhaltliche Schwerpunkte für die neue Partei nannte er Themen wie Soziales und Heimat.
Druck auf Verfassungsschutz
Laut Schmidt haben sich nach seinem NPD-Austritt viele unzufriedene Mitglieder der Rechtspartei mit der Bitte an ihn gewandt, für eine neue politische Plattform zu sorgen. Diese Menschen wolle er nun nicht im Stich lassen. Er selbst rechne für den bereits im Februar geplanten Gründungsparteitag der SVP mit ungefähr 150 Mitstreitern.
Diese dürften sich dann vor allem aus dem Umfeld der NPD rekrutieren, obwohl die rechtsextreme Partei gestern keine Angaben machen konnte, wie viele Mitglieder sie in den vergangenen Tagen verloren hat. „Die Gerüchte reichen von 20 bis über hundert“, so ein NPD-Sprecher. Überprüfen ließe sich das aber erst im Januar, wenn die Kreisverbände routinegemäß ihre aktuellen Mitgliederlisten einreichen. Die SVP bezeichnet man in der NPD-Landeszentrale unterdessen als eine absehbare „Totgeburt“. Der angekündigten neuen Partei mangele es an der nötigen Logistik, an einer personellen Basis und am Geld, hieß es bissig.
Die angekündigte Neugründung sorgt aber auch beim Landesamt für Verfassungsschutz für Unruhe. Die Behörde könnte künftig in Erklärungsnot geraten, weil sie Schmidts und Baiers Ausstieg aus der rechten Szene begleitet hat. Sollten die beiden tatsächlich eine rechtskonservative Partei gründen, droht aber ein neues Sammelbecken für Extremisten, auch wenn sich Schmidt und Co. vorab davon distanzieren. Das vom Steuerzahler seit 2001 finanzierte Aussteigerprogramm der Verfassungsschützer bekäme mit einem Schlag einen faden Beigeschmack. Im Extremfall droht sogar eine zweite Rechtsfraktion im Landtag. Dafür müssten von den noch neun NPD-Abgeordneten lediglich drei weitere zu den bisherigen Abweichlern Schmidt, Baier und Jürgen Schön stoßen.
Von Gunnar Saft