Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 28.12.2005
NPD-Abtrünnige wollen eigene Partei gründen
Dresden. Wenige Tage nach der spektakulären Austrittsserie gehen die Grabenkämpfe in der sächsischen NPD in eine neue Runde. Die NPD sei für ihn "eine klare Feindpartei", sagte Jürgen Schön gestern den DNN. "Wenn die die Macht hätten, würde ich Deutschland verlassen." Der Leipziger Schön hatte am Freitag Partei und Fraktion den Rücken gekehrt, als bisher letzter von drei Landtagsabgeordneten. Schön hatte der NPD-Führung um Fraktionschef Holger Apfel dabei "Hitlerismus" vorgeworfen. Gestern erneuerte er sein Interesse, in die CDU einzutreten. "Ich bedauere, dass ich das nicht schon früher gemacht habe", sagte Schön.
Die zwei weiteren Abtrünnigen, die ehemaligen NPD-Abgeordneten Mirko Schmidt (Meißen) und Klaus Baier (Annaberg), planen dagegen einen völlig anderen Schritt. Schmidt bestätigte gestern Gerüchte, er und Baier wollten eine eigene Partei gründen, die so genannte "Sächsische Volkspartei". "Das entspricht der Wahrheit", sagte Schmidt auf Anfrage. Bei der Neugründung soll es sich nach bisheriger Lesart nicht um eine ausgewiesen rechtsextreme Partei handeln, im Zentrum stehe vor allem der Blick auf die sozialen Belange der Menschen - sowie das Stichwort "Heimatliebe".
Parallel zum Exodus aus der Landtagsfraktion setzt sich der Aderlass bei den Rechtsextremen fort. Laut Schön, der bis zu seinem Austritt Schatzmeister der NPD-Landespartei war, sind seit vergangener Woche rund 110 NPD-Mitglieder sachsenweit ausgetreten, allein in Leipzig 47. Hinzu kämen rund 30 in Meißen, 15 in Annaberg und noch einige in der Oberlausitz. Damit hätte der Landesverband innerhalb weniger Tage rund jedes zehnte seiner ehemals 1031 Mitglieder verloren. "Ich werde dafür sorgen, dass noch mehr austreten", gibt sich Schön kämpferisch.
Dies dürfte auch den geplanten NPD-Landesparteitag Ende Januar prägen. Der Ausgang des Konvents ist nicht zuletzt für den Geschäftsführer der NPD-Landtagsfraktion, Peter Marx, von entscheidender Bedeutung. Zum einen haben die drei Abtrünnigen ihren Schritt mit dem dominanten Führungsstil der Westkader in der Fraktion begründet - vor allem dem von Holger Apfel, aber auch vom Abgeordneten Jürgen Gansel sowie dem Pfälzer Peter Marx. Zum anderen firmiert Marx derzeit als NPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz. Und die findet bereits im März 2006 statt, parallel zum Urnengang in Sachsen-Anhalt.
Jürgen Kochinke