Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 11.01.2006
Buttolo kritisiert Woba-Verkauf
Finanzen. Sachsens Innenminister hält die vollständige Privatisierung des städtischen Wohnbau-Unternehmens für vollkommen unsinnig.
Die Kritik kommt scharf und wohlplatziert daher: Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) wählt die bundesweit erscheinende und als politisch eher konservativ geltende Tageszeitung „Die Welt“ für seine Schelte. Auf die Frage, wie er den Verkauf der Dresdner Wohnungsgesellschaft Woba bewerte, antwortet er in einem am Dienstag veröffentlichten Interview: „Was ich für schlechthin unsinnig halte, das ist der Verkauf kompletter Unternehmen.“ Dadurch drohe der Verlust einer wichtigen „Manövriermasse für die kommunale Daseinsvorsorge“. Mehr noch: Dresden müsse angesichts des Wohnungsleerstands ein „Steuerungsinstrument für den Stadtumbau in der Hand behalten“.
Treffer ins Mark
Die Worte des Ministers, der als wohnungspolitischer Experte gilt, dürften Verwaltung, aber auch die Dresdner CDU ins Mark treffen. Beide Seiten hatten die Woba-Privatisierung als Mittel zur Entschuldung der mit rund 800 Millionen Euro in der Kreide stehenden Kommune vorangetrieben. In der Stadtratsfraktion der Christdemokraten ist Kopfschütteln angesagt. „Ich bin sehr traurig“, kommentiert etwa der finanzpolitische Sprecher Jürgen Eckoldt. Er gibt zu bedenken, dass das Regierungspräsidium den Haushalt im vergangenen Jahr vor allem deshalb genehmigt habe, weil die Stadt die Woba mit knapp 50 000 Wohnungen verkaufen wolle. CDU-Kreischef und Landtagsabgeordneter Lars Rohwer, der stets auf die völlige Privatisierung gedrängt hatte, vermisst in den Äußerungen Buttolos Alternativen, wie Dresden sein Finanzproblem in den Griff bekommen könne. Er befürchtet, dass nun wieder eine Debatte in der Stadt über die Schließung von Kultureinrichtungen und anderen Küraufgaben ausbricht.
Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) äußert sich ähnlich: „Die Städte in Deutschland müssen ja gerade für die Daseinsvorsorge ihrer Bürger kommunales Eigentum verkaufen, weil Bund und Länder nicht für die ausreichende finanzielle Ausstattung sorgen. Wenn also der Innenminister meint, sich zu Fragen der kommunalen Selbstverwaltung zu äußern, sollte er bei seinem Finanzminister vorstellig werden.“ Roßberg fordert ein Konzept zur Entschuldung der Kommunen und verweist dabei auch auf die aus dem Ruder laufenden Kosten für Hartz IV.
Rund 40 000 fordern Entscheid
Dagegen finden Privatisierungsgegner lobende Worte für Buttolo. Gewerkschaftschef Ralf Hron, der zu den Initiatoren eines Bürgerbegehrens gegen den völligen Verkauf zählt, bescheinigt dem Minister schlichtweg „Vernunft“. Und fügt hinzu, dass mittlerweile rund 40 000 bei einem Bürgerbegehren für den Erhalt der Woba in kommunaler Hand unterschrieben hätten, bis März sollen es die für einen Bürgerentscheid nötigen 63 000 sein.
Dann wird der Stadtrat beschließen, wer den Zuschlag für die Woba erhält. Aus Kreisen der Staatskanzlei hieß es, dass der Woba-Verkauf nicht gestoppt werden soll. Es gebe zwar die Möglichkeit, die Sache hinzuziehen. Doch daran denke die Regierung nicht. Buttolo, der einen Verkauf ausgewählter Wohnungspakete in zukunftsfähigen Quartieren durchaus für sinnvoll hält, zeichnet ein düsteres Bild, falls die Woba komplett veräußert werden sollte: „Am Ende werde ich auf Strukturen sitzen bleiben, die nichts mehr mit der europäischen Stadt zu tun haben.“
Von Thilo Alexe