Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 26.01.2006
Prüfer watschen Prüfer ab
Defizitliste. Der Rechnungshof kritisiert die Kommunalaufsicht.
Wenn in sächsischen Rathäusern und Amtsstuben Steuergelder ausgegeben werden, wird das offiziell natürlich kontrolliert. So wachen die Regierungspräsidien zum Beispiel über die Haushalte der Großstädte oder die Landratsämter über die Etats der Gemeinden in ihrem Kreis.
Das Problem: Es ist ein Kontrollsystem, das bisher nur auf dem Papier exakt funktioniert. Der Landesrechnungshof prüfte in den vergangenen Monaten direkt vor Ort und zählt nun in einem sechzigseitigen Bericht etliche Mängel auf, die in der Summe zu „Steuergeldverschwendung und Zukunftsbelastung in nicht hinnehmbarer Form und Umfang“ führen. Ganz oben auf der Defizitliste führen die Rechnungshof-Experten ausdrücklich die Landräte an. Die müssten der Kommunalaufsicht noch mehr Aufmerksamkeit widmen – der heftige Rüffel wird in eine diplomatische Formulierung verpackt.
Aber auch die CDU-SPD-Koalitionsregierung und dort vor allem der seit kurzem für diesen Bereich zuständige Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) bekommen ihr Fett weg. Strengere Regelungen seien nötig, um künftig rechtzeitig eingreifen zu können, wenn sächsische Kommunen über ihre finanziellen Möglichkeiten hinaus agieren. Das aktuelle Frühwarnsystem, so rügt der Rechnungshof, funktioniere nicht, was dazu führe, dass die Städte und Gemeinden im Freistaat bei ihren Finanzplanungen „mehrheitlich“ die schrumpfenden öffentlichen Einnahmen und die absehbaren Verluste durch Abwanderung und versiegende Solidarpaktmittel ignorieren. Mehr Kritik in einem Satz geht kaum noch.
Eines der bekanntesten Beispiele für die teuren Folgen der weit verbreiteten Nachlässigkeit ist die Gemeinde Machern. Die erhielt einst eine pauschale Genehmigung für die Aufnahme von Krediten, ohne dass die Rechtsaufsicht an Details interessiert war. Inzwischen ist der Ort hoffnungslos überschuldet und ein Fall für die Justiz. Der Rechnungshof fordert deshalb mehr Konsequenzen, falls verantwortliche Kontrolleure schlafen. Verwiesen wird exemplarisch auf Oderwitz. Weil der Kreis Niederschlesische Oberlausitz zuließ, dass sich der Ort einst an einem sündhaft teuren Spaßbad überhob, wurde das Landratsamt kurzerhand in finanzielle Mithaftung genommen.
Heftige Schelte gibt es aber nicht zuletzt für die Kommunen selbst. Fachlich sei deren Personal häufig überfordert, Nachschulungen seien zwingend nötig. Völlig abgelehnt wird vom Rechnungshof auch die gängige Praxis, dass sich Gemeinden, die sich durch eigenes Missmanagement überschuldet haben, später fleißig aus anderen Steuertöpfen bedienen dürfen. Das dürfe künftig nur noch in Ausnahmenfällen möglich sein, heißt es.
Angaben über die Höhe der durch staatliche und kommunale Fehler verursachten Steuerverschwendung macht der Bericht übrigens nicht. Insider gehen aber davon aus, dass es sich um einen dreistelligen Millionenbetrag handelt.
Von Gunnar Saft