Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 14.02.2006

Kredite spalten Koalition

Debatte. Die Parteien sind uneinig über die Vor- und Nachteile eines zügigen Schuldenstopps.
 
Die Hürde – die immerhin auf Höhe der Zweidrittelmehrheit im sächsischen Landtag liegt – dürfte im ersten Anlauf verfehlt werden. Nichtsdestotrotz sorgt CDU-Vize und Kultusminister Steffen Flath mit seiner Forderung, bereits ab kommendem Jahr neue Staatsschulden per Verfassungsänderung zu verbieten (die SZ berichtete), jetzt für eine parteienübergreifende Diskussion.

Am schwersten wog dabei gestern die Meinung des Koalitionspartners. Thomas Jurk (SPD) konterte als Wirtschaftsminister und stellvertretender Regierungschef ungewöhnlich barsch: „Eine skurrile Idee, ein Witz.“ Jurk macht aus seiner Ablehnung des Flath-Vorschlags keinen Hehl und verweist auf den Koalitionsvertrag. Dort ist vereinbart, dass der Freistaat 2007 und 2008 weitere 200 Millionen Euro an neuen Krediten aufnimmt und erst danach auf neue Schulden verzichten will. Das Nein der Sozialdemokraten kommt nicht von ungefähr. Neues Geld wird von der Koalitionsregierung nicht zuletzt für anspruchsvollere Vorschul- und Kitaprojekte gebraucht. „Das darf nicht einfach verpuffen“, meint Jurk. Ein Schuldenstopp ab 2009 sei dann schon anspruchsvoll genug.

Steuerzahlerbund prescht vor

In den CDU-Reihen sehen das viele anders. Vom Fraktionschef Fritz Hähle über Generalsekretär Michael Kretschmer bis zur Jungen Union gab es Zustimmung für Flaths Forderung nach einem verfassungsmäßigen Verbot, neue Schulden aufzunehmen. „Wir brauchen es im Bund und in den Ländern. So wie bisher kann es nicht weitergehen“, attestierte Kretschmer.

Ausgerechnet CDU-Ministerpräsident Georg Milbradt, der bisher das Thema allein besetzt hatte, hielt sich aber zurück. Auf die Forderung aus seiner Partei, demnächst Verhandlungen mit der SPD über einen Schuldenstopp aufzunehmen, ging er nicht ein, sondern verwies lapidar ebenfalls nur auf 2009. Da war dann sogar Sachsens Steuerzahlerbund konkreter, der prompt ein altes Programm zum zügigen Kreditstopp und zur Schuldentilgung aus der Schublade kramte. In den Oppositionsreihen überwog dagegen die Skepsis. Als „sympathisch, aber nicht zu Ende gedacht“, bezeichnet die grüne Fraktionschefin Antje Hermenau den Vorstoß. Die Finanzexpertin reibt sich vor allem daran, dass Sachsen im Alleingang handeln will. Die Sache mache nur Sinn, wenn der Bund und andere Länder mitziehen. Dann stoße man aber auf neue Probleme, da der Bund ja auch die Solidarpaktmittel für die neuen Länder auf Pump finanziert.

Von unsinnig bis blauäugig

Die PDS findet die Diskussion regelrecht „unsinnig“. Schon heute könnten Politiker auf Kredite verzichten, ein Verfassungsverbot sei unnötig und würde in Krisenzeiten nur notwendige Hilfen verhindern, wirft Landtagsabgeordnete Ingrid Mattern ein. Und FDP-Fraktionschef Holger Zastrow reibt sich an Flaths Idee, die erwarteten Zusatzeinnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung zur Schuldentilgung zu nutzen. „Darauf zu setzen ist blauäugig. Die höhere Steuer wird nur die Wirtschaft hemmen. Was wir tun müssen, ist kräftig sparen.“ S.4
Von Gunnar Saft