Karl Nolle, MdL

sz-online, 28.02.2006

Fall Stephanie: Polizei räumt Panne ein

Fehler bei Datenabfrage
 
Im Fall der entführten und missbrauchten Stephanie aus Dresden hat es einen Ermittlungsfehler bei der Suche nach früheren Sexualstraftätern gegeben.

Die Computerabfrage mit dem Suchwort „Sexualstraftaten“ hatte Fälle aus den Jahren vor 2002 nicht erfasst, teilte Landespolizeipräsident Klaus Fleischmann nach einer internen Untersuchung der Ermittlungen am Dienstag mit. Der einschlägig vorbestrafte mutmaßliche Peiniger der Schülerin war 1999 wegen einer Sexualstraftat verurteilt, aber damals noch unter „sexuell motivierte Straftaten“ erfasst worden. Daher sei der Mann bei der Abfrage nicht in das Visier der Ermittler geraten. Fleischmann sprach von einem „Recherchefehler“ eines Mitarbeiters, „der es eigentlich nicht hätte falsch machen sollen“.

Stephanie war am 11. Januar auf dem Weg zur Schule spurlos verschwunden. Am 15. Februar wurde sie aus der Wohnung eines 35 Jahre alten vorbestraften Sexualstraftäters befreit, der sie gewaltsam entführt hatte. Den entscheidenden Hinweis hatte das Mädchen selbst gegeben. Ein 31-Jähriger hatte einen von vier Zetteln gefunden, auf die Stephanie Hilferufe und die Adresse ihres Gefängnisses geschrieben hatte. Der Mann hatte das Papier zur Polizei gebracht. Nach Überprüfung der Handschrift ließen Beamte die beschriebene Wohnung von einem Schlüsseldienst öffnen und befreiten das Mädchen, schilderte Fleischmann. Zwischen dem Fund des Zettels und der Polizeiaktion vergingen gut drei Stunden. Man habe sich für ein „Einschleichen“ in die Wohnung entschieden, um das Risiko für das Entführungsopfer so gering wie möglich zu halten.

Keine Angaben zu personellen Konsequenzen

Zu möglichen personellen Konsequenzen wegen der Recherchepanne wollte sich Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) nicht äußern. Dazu sei er aus Gründen der Fürsorgepflicht nicht bereit, sagte er. Die Software des polizeilichen Auskunftssystems wurde laut Buttolo umgehend geändert, um solche Fehler künftig auszuschließen. Zudem solle es nochmals Schulungen für die Mitarbeiter geben. Buttolo sprach sich zudem dafür aus, bestimmte Straftäter nach deren Haftentlassung etwa durch Auflagen unter besondere Beobachtung zu stellen. „Ich möchte nicht die Täter schützen, ich möchte die Bevölkerung schützen“, sagte der Minister. Dabei seien selbstverständlich die Belange des Datenschutzes zu wahren. Außerdem soll veranlasst werden, dass sich künftig die Polizeidirektionen gegenseitig direkt informieren, wenn ein verurteilter Sexualstraftäter umzieht. Damit solle Pannen beim Abgleich von Melderegistern und Polizeicomputersystem vorgebeugt werden.

Im Falle von Stefanie war zunächst vermutet worden, dass der mutmaßliche Täter wegen eines Umzugs innerhalb von Dresden im Polizeicomputer noch unter seiner alten Adresse geführt worden war. Das stellte sich jetzt laut Fleischmann als nicht zutreffend heraus. Die Adresse war aktualisiert worden, weil der Mann 2004 eine andere Straftat begangen hatte.

Die Ermittlungen laufen unterdessen weiter auf Hochtouren. Nach Angaben von Staatsanwaltschafts-Sprecher Christian Avenarius finden nach wie vor Vernehmungen statt. Zudem dauere die Spurenauswertung an. (dpa)