Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 22.03.2006

Das große Aufräumen

 
Leipzig. Öffentlich wollte sich Herbert Süß zur Arbeit seiner Vorgänger nicht äußern. Die Bilanz-Zahlen indes, die der seit vergangenem Juli amtierende Vorstandschef der Landesbank Sachsen (Sachsen LB) gestern für das Geschäftsjahr 2005 präsentierte, sprechen eine deutliche Sprache: In allen wichtigen Disziplinen ist das Institut geradezu abgestürzt.

Der Gewinn vor Steuern sackte um knapp 60 Prozent auf 20,2 Millionen Euro, die Eigenkapitalrendite vor Steuern - zentrale Kennziffer für die Ertragskraft von Banken - schrumpfte von über zehn auf nur noch vier Prozent. Süß sprach davon, dass die Bank ein "schwieriges Jahr" hinter sich habe und jetzt wieder in "ruhigeres Fahrwasser" kommen müsse und wolle.

Dafür ist zurzeit ganz offenbar Großreinemachen angesagt: Hauptgrund für den Gewinneinbruch - auch im Konzern sank das Vorsteuer-Ergebnis von knapp 61 auf 18,1 Millionen Euro - sei die "stärkste Wertberichtigung, die die Bank seit ihrem Bestehen vorgenommen hat", sagte Süß. Der Bilanzposten Risikovorsorge und Bewertungsmaßnahmen wuchs um 9,4 Prozent auf 119,3 Millionen Euro. "Wir sichern damit überwiegend Engagements aus einer Zeit, da alle noch mit blühenden Landschaften im Osten rechneten", sagte Süß. Damals habe auch die Landesbank kräftig mitgespielt - und trage nun an den Lasten. Vor allem bei Immobilien sei es nötig gewesen, die Bücher zu berichtigen, sagte Süß.

Gleichzeitig stellte er aber klar, dass die bereits bekannten Problemfälle wie die Immobilien-Gesellschaft Real davon "nicht oder kaum" betroffen seien. In die gemeinsam mit dem Hamburger Kaufmann Lutz Ristow gegründete Tochter hatte die Bank notleidende Objekte unter anderem in Leipzig und Dresden eingebracht. Mittelfristig, sagte Süß gestern, wolle die Sachsen LB dieses Engagement "ganz zurückfahren". Ein erster Schritt: 2005 seien drei Immobilien aus dem Portfolio für insgesamt gut 40 Millionen Euro verkauft worden.

Nicht so einfach aussteigen kann das Institut dagegen offenbar aus den Verträgen mit seinem ehemaligen Vorstandschef Michael Weiss und dessen Vorstandskollegen Rainer Fuchs. Sie hatten im Februar vorigen Jahres zurücktreten müssen, weil im Zuge einer Auseinandersetzung um die Landesbank-Leasingtochter MDL in der Sachsen LB Dokumente gefälscht worden waren. Nach Informationen dieser Zeitung sind die Gehaltsschecks, die die Manager laut Vertrag noch bis Ende 2007 erhalten, schon komplett in die aktuelle Bilanz eingerechnet.

Der Streit um die MDL, der in einer 140-Millionen-Euro-Schadenersatzklage des Minderheitsgesellschafters Ludwig M. Hausbacher und der Einberufung eines Landtags-Untersuchungsausschusses gipfelte, verursachte nach Angaben von Herbert Süß "erhebliche Zusatzkosten". Ohne die juristischen Auseinandersetzungen und den Untersuchungsausschuss hätten die "allgemeinen Verwaltungsaufwendungen" der Bank um zwei Millionen Euro unter dem Vorjahreswert liegen können, sagte der Vorstandschef. So aber kletterten sie um 9,1 auf insgesamt 94,3 Millionen Euro.

Darin enthalten sind allerdings auch Kosten für die strategische Neupositionierung der Landesbank - der Kurs, betonte Süß, gehe "ganz klar hin zu den Sparkassen." Gemeinsam wolle man sich vor allem mittelständischen Firmenkunden und Privatkunden widmen. "Dieser Bereich ist in den zurückliegenden Jahren vernachlässigt worden", sagte Süß. Bestimmte Produkte sollen dabei auch mit der Düsseldorfer WestLB konzipiert werden, mit der es seit Dezember eine Kooperationsvereinbarung gibt. Ein weiteres Zusammengehen sei aber kurzfristig nicht zu erwarten, sagte Süß. Die WestLB hat eine Option für eine Beteiligung von 25,1 Prozent. "Es gibt derzeit keine Gespräche über eine Kapitalverflechtung. Ich erwarte auch für 2006 keine", betonte Süß. Zumal er persönlich den Eigentümern der Sachsen LB raten würde, "erst ein höheres Rating abzuwarten, um eine bessere Verhandlungsposition zu haben". Mit der besseren Einstufung rechnet Süß nicht vor Ende dieses Jahres. "Und selbst wenn die Verhandlungen 2007 beginnen, würden sie eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen."
Lars Radau