Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 22.03.2006
Vom Winde verweht
Bilanz. Die Risiken früherer Geschäfte verhageln der Landesbank Sachsen das Ergebnis.
Nein, ein schlechtes Wort über seine Vorgänger kam Herbert Süß nicht über die Lippen. Der seit vorigen Juli amtierende Vorstandschef der sächsischen Landesbank (Sachsen-LB) antwortet diplomatisch: „Es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen.“
Dabei hätte der 65-Jährige Anlass genug, auf die früheren Manager sauer zu sein. Vor allem ihre Geschäfte waren es, die den Bankkonzern zur höchsten Risikovorsorge seit seiner Gründung 1992 zwangen. Mit 123 Millionen Euro sicherte er im vorigen Jahr Kreditrisiken und Wertberichtigungen ab für Geschäfte, die Süß zufolge zum Großteil vor 2002 gemacht wurden. Nach SZ-Informationen ist darunter auch das größte sächsische Sorgenkind der Bank, die Werkzeugmaschinenfabrik Vogtland GmbH (Wema) in Plauen.
Süß ging weitere Baustellen an. Für Risiken in der umstrittenen Immobilienbeteiligung Real GmbH sei vorgesorgt, drei große Objekte daraus seien verkauft worden. „Mittelfristig wollen wir das Real-Geschäft ganz zurückführen“, sagte Süß. Unter der Hand war zudem zu erfahren, dass die bislang von Landesbankern in Irland geführte Vermögensverwaltungsgesellschaft AC Capital Partners an die Deutsche Apotheker- und Ärztebank verkauft worden ist. Dorthin war bereits der Chef der Sachsen-LB-Tochter in Dublin, Claus Wilsing, zum Jahresende gewechselt. Süß betonte jedoch, die Dubliner Tochter sei ein „Glücksgriff“. Die Bank sei dort „hochprofitabel und risikoarm“, die irische Banktochter deshalb „ein ganz zentraler Ergebnisträger“. Was im vorigen Jahr wegen der hohen Risikovorsorge nicht viel half: Der Überschuss im Bankkonzern brach drastisch ein. Süß erwartet für dieses Jahr ein „leicht verbessertes Ergebnis“. Er will die Zusammenarbeit mit den sächsischen Sparkassen forcieren und das Geldhaus als Verbund- und Spezialbank festigen.
An der Eigenständigkeit der Landesbank hält Süß fest. „Wir sind dabei im Plan, nicht mehr und nicht weniger“, sagte er. Eine Kapitalbeteiligung der Westdeutschen Landesbank (West-LB), mit der die Sachsen-LB bereits kooperiert, hält Süß „frühestens 2007“ für möglich. Das sei derzeit aber „keine Frage, die uns unter den Nägel brennt“.
Die West-LB hat vertraglich eine Option, sich mit 20 Prozent an der Landesbank zu beteiligen. Süß geht weiter davon aus, dass die Basis für die sehnlich erwartete Top-Bewertung von der Agentur Standard & Poor’s das Geschäftsjahr 2006 wird. Vorerst sei die Refinanzierung der Bank gesichert, unter anderem durch fünf Milliarden Euro von sächsischen Sparkassen, die „wir angemessen verzinsen“.
Von Ulrich Wolf