Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 08.04.2006
Kritik aus den eigenen Reihen an SPD-Chef Jurk
Brandbriefe. Ein Leipziger Bundestagsabgeordneter warnt seine Genossen vor einer neuen Kaderpartei.
Pünktlich zum Strategietreffen der sächsischen SPD-Spitze meldeten sich am Freitag die parteiinternen Kritiker zu Wort. Mit zwei Brandbriefen zielte der Leipziger SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber dabei erneut auf den Landesvorsitzenden Thomas Jurk.
Unmittelbarer Anlass ist ein Konzept zum Umbau der Parteistruktur, das Jurk kürzlich vorlegte, um Personal und Kosten zu sparen. Aus Weißgerbers Sicht verfolgt der damit aber noch andere Ziele. So solle die Partei offensichtlich gleichgeschaltet, missliebige Genossen vor allem aus dem Umfeld der ehemaligen SPD-Landeschefin Constanze Krehl verdrängt und der Landesverband voll „auf die Linie des Vorsitzenden getrimmt“ werden. Der Sachsen-SPD drohe nichts Geringeres als ein „Putschversuch von oben“ und die Entwicklung zu einer „marxistischen Kaderpartei“.
Fest macht das Weißgerber, der zuletzt bei der Besetzung wichtiger Positionen häufig außen vor blieb, vor allem an der Personalpolitik von Jurk. So will dieser statt des bisherigen Landesgeschäftsführers einen deutlich besser bezahlten so genannten politischen Geschäftsführer etablieren. Ein solches Amt, über dessen Besetzung auf Chefanweisung und nicht durch Wahl entschieden wird, sehe das SPD-Statut aber gar nicht vor, wettert Weißgerber und droht sogar damit, juristisch gegen Jurks Plan vorzugehen. Ähnliche Einwände erhebt er gegen die kürzliche Ernennung seines Bundestagskollegen Andreas Weigel zum SPD-Landessprecher.
Zustimmung bekam Weißgerber dafür am Freitag aber kaum. „Die klare Mehrheit steht hinter dem Landesvorsitzenden“, erklärte Vorstandsmitglied Martin Dulig. Eine Einschätzung, die viele Parteimitglieder teilen, aber anders bewerten. Bei dem öffentliches Eintreten für Jurk handele es sich „mehr um Solidarität als um Einsicht“. Tatsächlich falle es Thomas Jurk weiter schwer, die SPD offensiver und damit auch erfolgreicher aufzustellen.
Von Gunnar Saft