Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 18.05.2006
Fall Porsch: Nolle droht mit Klage
Landtag. Die Abwahl des PDS-Chefs könnte wegen Rechtsmängeln scheitern.
Das vom sächsischen Landtag in der vergangenen Woche beschlossene Abwahlverfahren gegen den PDS-Fraktionsvorsitzenden Peter Porsch droht an rechtlichen Hürden und an Zeitnot zu scheitern.
Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle legte gestern beim Parlamentspräsidium offiziell Widerspruch gegen die Abstimmung ein. In einem dreiseitigen Schreiben, das der SZ vorliegt, führt Nolle insgesamt sieben eklatante Fehler an, mit denen der Landtag bei der Stimmenauszählung gegen die Geschäftsordnung verstoßen und das Ergebnis somit ungültig gemacht habe.
Tatsächlich hatte das Parlament erstmals den so genannten Hammelsprung genutzt, nachdem das Ergebnis zuvor durch bloße Handzeichen nicht korrekt festgestellt werden konnte. Dabei müssen die Abgeordneten ihre Entscheidung durch das Durchschreiten einzelner Türen mit der Aufschrift „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ dokumentieren. Laut Nolle wurde das detailliert vorgeschriebene Verfahren aber in keinem Punkt eingehalten. Die offiziellen Sitzungsprotokolle erhärten diesen Verdacht.
Das Landtagspräsidium kündigte gestern an, den Widerspruch zu prüfen. Sollte es zu keiner Wiederholung der Abstimmung kommen, kündigte Nolle vorab eine Klage an, um seinen Widerspruch gerichtlich durchzusetzen.
Bei dem ungeklärten Streit gerät das Parlament mittlerweile aber unter starken Zeitdruck, weil eine Abgeordnetenanklage – im Fall von Porsch wegen vermuteter Stasitätigkeit, die dieser bestreitet – nur maximal ein Jahr nach Bekanntwerden der Vorwürfe möglich ist. Da diese Frist jedoch schon Anfang Juni ausläuft, müsste der Landtag im Notfall noch im Mai zu einer Sondersitzung zusammenkommen und erneut abstimmen. Andernfalls könnte ein Gericht das erste Votum gegen Porsch später aus formalen Gründen komplett kippen.
Von Gunnar Saft