Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 17:41 Uhr, 09.06.2006

Habe mir nichts vorzuwerfen»

Dresdner Oberbürgermeister weist im Prozess alle Vorwürfe von sich - Enttäuschung über Vertrauten
 
Dresden (ddp-lsc). Der wegen Beihilfe zum Bankrott sowie Untreue und Vorteilsnahme angeklagte Dresdner Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) hat vor Gericht alle Vorwürfe von sich gewiesen. «Ich habe mir keine strafbaren Handlungen vorzuwerfen», sagte er am Freitag vor dem Dresdner Landgericht. Bei der «Jahrhundertflut» vom August 2002 hätten Entscheidungen getroffen werden müssen. Dabei verwies er auf ein Zitat von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), der im September 2002 gefordert habe, dass «entschlossen und schnell gehandelt werden müsse, auch wenn noch nicht alles geklärt sei».

Der ebenfalls angeklagte Rainer Sehm sei aufgrund seiner Fähigkeiten und seiner Verfügbarkeit Anfang 2003 mit der Koordination der Fluthilfe beauftragt worden. Freundschaftliche Motive hätten dabei keine Rolle gespielt, betonte Roßberg. Sehms Verhandlungsgeschick sei es zu verdanken gewesen, dass die Stadt mehr als 100 Millionen Euro mehr an Fluthilfemitteln vom Bund erhalten habe als zunächst vorgesehen.

Die Stadt habe von Sehms Fähigkeit profitiert, Netzwerke zu knüpfen. Ihm selbst fehle dieses Können, sagte Roßberg. Nach Abschluss des Vertrags mit Sehms im Frühjahr 2003 habe sich schnell herausgestellt, dass die Vergütung des Koordinators mit monatlich rund 2000 Euro nicht angemessen gewesen sei.

Da Sehm ab Herbst 2003 gedroht habe, für dieses Gehalt nicht mehr arbeiten zu wollen, Roßberg den Berater jedoch für die Bewältigung der Abwicklung von Fördergeldern für unersetzbar hielt, habe er schließlich die Vergütung auf 8100 Euro erhöht, sagte der Oberbürgermeister. Zwar sei ihm durchaus bewusst gewesen, dass Sehm privat insolvent sei. Die Stadt habe jedoch mit der Abwicklung nichts zu tun gehabt. Darüber hinaus habe er auch keinen Grund gesehen, Sehm nicht die selbe Vergütung zu zahlen wie jeder anderen Firma auch.

Roßberg betonte zudem, es habe jenseits seines Vorstellungsvermögens gelegen, dass jemand wie Sehm, der derart in der Öffentlichkeit stand, auch nur daran denken könnte, Geld an seinem Insolvenzverwalter vorbeizuschleusen. Er sei enttäuscht, dass Sehm sein Vertrauen missbraucht habe.

Die Staatsanwaltschaft verdächtigt Roßberg unter anderem, Sehm dabei geholfen zu haben, Vermögen an Gläubigern vorbei in die eigene Tasche zu wirtschaften. Das Regierungspräsidium hatte das Stadtoberhaupt kurz nach Bekannt werden der Anklagezulassung durch das Gericht suspendiert.

Sehm steht im selben Prozess wegen vorsätzlichen Bankrotts und Bestechlichkeit vor Gericht. Er hatte die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe am ersten Verhandlungstag am Dienstag teilweise eingeräumt. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.
Von Jule Scherer

(Quelle: alle vor Gericht)

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091741 Jun 06