Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 05.07.2006

Koalitionskrach um neue SPD-Frau im Amt

 
Dresden. Der Konflikt zwischen CDU und SPD um die designierte Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) wächst sich zum handfesten Koalitionskrach aus. Nachdem bereits am Dienstag Christdemokraten die Entscheidung von SPD-Chef Thomas Jurk kritisiert hatten, ziehen nun CDU-Parlamentarier im halben Dutzend nach. "Das war kein guter Tag für die sächsische Wissenschaft", sagt Sachsens Ex-Kultusminister Karl Mannsfeld (CDU) gegenüber DNN. "Ich befürchte, dass Frau Stange die meisten Dinge aus einem ideologischen Blickwinkel betrachtet." Das mache die Kompromisssuche in der Koalition schwierig.

Noch härter argumentiert Rolf Seidel. "Das Signal, das von der Personalentscheidung ausgeht, ist verheerend", sagt der Leipziger CDU-Abgeordnete. Die Ex-GEW-Chefin vertrete "sehr linke Standpunkte", ihre Ernennung sei "ein klarer Missgriff" von Jurk. Stange sei "ein Nachwuchskader der SED" und werde auch "für CDU-Regierungschef Georg Milbradt ein Problem".

Skeptisch ist die Leipziger CDU-Chefin Christine Clauß. Zwar wolle sie sich nicht zur Person äußern, so die Lesart, "aber das Signal erscheint problematisch". CDU-Fraktionsvize Frank Kupfer meint, er hätte sich von SPD-Seite "mehr Sensibilität gewünscht". Weitere Kritik kommt von der Dresdner CDU. "Die Nominierung von Frau Stange ist eine Aktion aus der bildungspolitischen Geisterbahn", sagt Sprecher Maximilian Krah. "Ob als SED-Mitglied oder an der Spitze der GEW - Frau Stange ist ihrer Vorstellung eines staatlich überregulierten, wettbewerbsfreien und leistungsfeindlichen Bildungssystems immer treu geblieben."

Andere Christdemokraten sprechen von "hochschulpolitischem Stillstand", oder sagen schlicht, "das Fass ist voll". Dahinter steht die Sorge, die Ex-Gewerkschafterin werde sich in das Kultusministerium von Ressortchef Steffen Flath (CDU) einmischen - und damit zur Belastung für die Koalition.

Am Dienstag hatten auch SPD-Politiker wie der Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber die Entscheidung "als ein Angebot an die frühere PDS" kritisiert. Andere stärken nun Jurk den Rücken. "Befindlichkeiten des Koalitionspartners sind nachrangig", sagt Leipzigs SPD-Chef Gernot Borriss. "In Koalitionen bringt man sich selbstbewusst ein, man gibt sich nicht kleinlaut auf." Gleichzeitig stößt die aufgebrachte Stimmung bei der CDU auf klammheimliche Freude. "Es wird Zeit", heißt es in der SPD-Fraktion, "dass jemand der CDU das Fürchten lehrt".

Kritik kommt dagegen von der FDP-Opposition. "Die Benennung von Stange muss die CDU als pure Provokation verstehen", so Hochschulpolitiker Andreas Schmalfuß. "Es ist zu befürchten, dass dieser Krach zu Lasten der sächsischen Hochschulen geht." Grüne und Linkspartei hatten die Personalie begrüßt.
Jürgen Kochinke