Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 22.08.2006
Rechtsextremer angeklagt wegen Volksverhetzung
Dresden. Die Staatsanwaltschaft Dresden hat Anklage wegen Verstoßes gegen das Jugendschutzgesetz, Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gegen ein führendes Mitglied der rechtsextremen Szene Dresdens erhoben. Das teilte gestern Oberstaatsanwalt Jürgen Schär mit, der das Staatsschutzdezernat der Staatsanwaltschaft leitet. Die Anklage gegen den 34-jährigen Sven H., der 2002 für die NPD als Direktkandidat für den Bundestag antreten wollte, wurde zum Amtsgericht erhoben.
Anfang August 2005 hatten Beamte in der Weimarischen Straße in Dresden den von Sven H. damals betriebenen rechtsextremen Treff "Club 14" durchsucht und 110 CDs mit dem Titel "Anpassung ist Feigheit - Lieder aus dem Untergrund" beschlagnahmt. Bei den Tonträgern handelt es sich um die so genannte dritte Fassung einer Schulhof-CD von rechten Kameradschaften. Das Machwerk enthält 19 Titel verschiedener Gruppen mit Namen wie "Stahlgewitter" und "Nordfront". Den Aufnahmen ist eine "Ansprache" vorangestellt, in der es unter anderem heißt, Schulen seien ein "Sammelbecken für junge Schwerkriminelle" geworden, in denen "meist ausländische Banden das Sagen hätten".
Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz bewerten den Inhalt der CD als Verunglimpfung des Staates und Gefährdung der Jugend. Nationalistisches und fremdenfeindliches Gedankengut sowie die Ablehnung des Staates sollten an Jugendliche herangetragen werden, um "Feindbilder und völkische Orientierung" zu vermitteln, hieß es. Bei der CD handelt es sich nicht um die "Schulhof-CD", die von der NPD im Bundestagswahlkampf 2005 an Jugendliche verteilt wurde.
Sollte das Amtsgericht die Anklage zur Hauptverhandlung zulassen, müsste sich Sven H. nicht das erste Mal auf der Anklagebank verantworten. Er war im November 2005 vom Amtsgericht wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er nach einer Montagsdemonstration 2004 einen politischen Gegner verletzt haben soll. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In dem Prozess hatte der NPD-Landtagsabgeordnete Klaus-Jürgen Menzel Sven H. von den Vorwürfen entlastet. Die Staatsanwaltschaft erwägt deshalb, den Abgeordneten wegen uneidlicher Falschaussage anzuklagen.
Th. Hartwig