Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 18:11 Uhr, 04.09.2006

«Kein Ansatz zur Einsicht» - Dresdens suspendiertes Stadtoberhaupt Roßberg zu Bewährungsstrafe von 14 Monaten verurteilt worden

 
Dresden (ddp-lsc). Ganz zum Schluss hat er seiner Frau gedankt. «Astrid - Danke für alles», sagte Dresdens suspendiertes Stadtoberhaupt Ingolf Roßberg (FDP) am Montag im Gerichtssaal. Da ahnte er wohl bereits, dass die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Dresden unter Hans Schlüter-Staats anderthalb Stunden später kein Pardon kennen und den 45-Jährigen schuldig sprechen würde. 14 Monate Freiheitsstrafe, für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt - so lautet das Strafmaß. Damit blieb die Kammer vier Monate unter der Forderung der Staatsanwaltschaft.

Lediglich vom Vorwurf der Vorteilsannahme sprach das Gericht den FDP-Politiker frei. Für erwiesen hielt der Vorsitzende Richter hingegen den Vorwurf der Untreue und den der Beihilfe zum Bankrott. Wie bereits die Staatsanwaltschaft kam das Gericht zu der Überzeugung, dass Roßberg sich im Zusammenhang mit der Insolvenz seines ehemaligen Vertrauten und Dresdens Ex-Fluthilfekoordinator Rainer Sehm schuldig gemacht und ihm dabei geholfen habe, Vermögen an Gläubigern vorbei in die eigene Tasche zu wirtschaften. Sehm wurde wegen Bankrotts und Bestechlichkeit zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt.

Der Richter attestierte Roßberg, zuweilen «Märchen» zum Besten gegeben zu haben und verwies dazu auf einige Widersprüchlichkeiten in Roßbergs Aussagen. Die Kammer habe dem suspendierten Rathauschef beispielsweise nicht geglaubt, dass Sehm plötzlich mehr Geld haben wollte und man deshalb dessen Honorar fast um das Vierfache auf mehr als 9300 Euro erhöht hatte. «Ein schlichtes Verschleudern von Haushaltsgeldern» nannte Schlüter-Staats dies.

Er kritisierte zudem, Roßberg habe «keinen Ansatz zur Einsicht» gezeigt und die Schuld immer bei anderen gesucht. Schließlich verwahrte er sich noch gegen Roßbergs Vorwurf, es handele sich bei dem Verfahren um einen von CDU-Seite inszenierten politischen Prozess. Dies sei «abwegig».

Seit 6. Juni musste sich Roßberg vor Gericht verantworten. An 18 Verhandlungstagen, wie Roßberg in seinem Schlusswort dem Gericht und dem Publikum im bis auf den letzten Platz gefüllten Gerichtssaal vorrechnete - nicht ohne unerwähnt zu lassen, dass zur gleichen Zeit in Dresden die von ihm mit vorbereiteten Feierlichkeiten zum 800. Stadtgeburtstag über die Bühne gingen.

Sein Anwalt hatte bereits im Plädoyer am vergangenen Freitag betont, dass selbst ein Freispruch Roßbergs politischen Tod bedeutet hätte. Ein Schicksal, gegen das der einstige Hoffnungsträger Dresdens wohl nichts mehr wird ausrichten können. Unmittelbar nach dem Urteil forderten mit Grünen und SPD zwei ehemalige Unterstützer im OB-Wahlkampf 2001 Roßberg zum Rücktritt auf.

Roßberg war vor fünf Jahren als Kandidat eines auch PDS und einzelne FDP Mitglieder umfassenden Parteienbündnisses ins Dresdner Rathaus eingezogen. Seit Mai ist der gebürtige Dresdner von seinem Amt suspendiert.

Dass er sich dennoch mit juristischen Mitteln wehrt, dürfte eher damit zusammenhängen, dass er sonst seinen Beamtenstatus und damit auch alle Pensionsansprüche verliert. Sollte das Urteil vom Montag rechtskräftig werden, muss er nach dem sächsischen Beamtenrecht zwingend aus dem Dienst entfernt werden.

Von ddp-Korrespondent Tino Moritz
ddp/tmo/pon
041811 Sep 06