Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 21.09.2006

12 Uhr mittags oder: Nicht jeder, der hoch pokert, gewinnt

Eine Urteilsbegründung des Oberlandesgerichts Dresden beschert der Sachsen LB neue Hoffnung im Dauerzwist mit Ludwig Hausbacher
 
Dresden (DNN). 12 Uhr mittags. Das ist nicht nur der Titel eines legendären Western-Films. Das ist auch ein Leitmotiv im Dauerskandal um die Mitteldeutsche Leasing AG (MDL) und ihre beiden verfeindeten Aktionäre Sächsische Landesbank (Sachsen LB) und Industrie- und Immobilien-Leasing GmbH (IIL). 21 Verfahren liegen bei verschiedenen Gerichten, einige haben 12 Uhr mittags ihren Anfang gefunden.

Leipzig, 27. Juli, 12 Uhr mittags: Bei der MDL erscheint IIL-Sprecher Andreas Waldow und übergibt eine aktienrechtliche Mitteilung. München, 27. Juli, 12.25 Uhr mittags: In den Räumen eines Notars treffen sich IIL-Inhaber Ludwig Hausbacher und sein Getreuer Rainer Egner. Sie rufen eine außerordentliche Hauptversammlung der MDL aus. Obwohl die IIL nur 49 Prozent der MDL-Aktien hält. Macht nichts, wischen die Herren die Bedenken des Notars vom Tisch: Zwar ist die Sachsen LB Mehrheitsaktionär der MDL, aber sie könne gar nicht an der Hauptversammlung mitwirken. Weil sie ihrer aktienrechtlichen Mitteilungspflicht nicht Genüge getan habe.

Einmaliges Husarenstück

Die mittägliche Hauptversammlung trifft fundamentale Beschlüsse: Die von der Sachsen LB 2003 im Alleingang beschlossene Kapitalerhöhung um fünf Millionen Euro für die MDL wird rückgängig gemacht, MDL-Vorstand Rainer Born das Vertrauen entzogen, zwei MDL-Aufsichtsratsmitglieder werden abberufen. Noch bevor die Glocke schlägt, ist die Versammlung um 12.42 Uhr beendet.

Ein in der deutschen Rechtsgeschichte wohl einmaliger Vorgang, der Hausbacher zurück ins Millionenspiel um die MDL bringen soll. Bis zu 140 Millionen Euro Schadensersatz fordert der Tutzinger Kaufmann von der Sachsen LB. Weil der Mehrheitsaktionär das wirtschaftlich solide Leasingunternehmen vorsätzlich ruiniert habe. Am 23. Oktober wird das Oberlandesgericht Dresden (OLG) eine Entscheidung zur Millionenklage verkünden. Falls sich die Streitparteien nicht gütlich einigen. Das erscheint angesichts der unterschiedlichen Vorstellungen - die Sachsen LB bot zuletzt nur 1,5 Millionen Euro - unwahrscheinlich.

Das Husarenstück mit der Hauptversammlung ohne Hauptaktionär erhöht den Druck auf die Sachsen LB, so Hausbachers Kalkül. Zumal er vor dem OLG obsiegte: Der 2. Zivilsenat unter Vorsitz von Ulrich Hagenloch wies die Beschwerde des geschassten Born gegen die mittägliche Hauptversammlung in zweiter Instanz ab. Aus formalen Gründen: Nicht Born, sondern der MDL-Aufsichtsrat hätte klagen müssen, befand der Senat.

Verlierer sehen anders aus: Die jetzt vorliegende Urteilsbegründung des Senats lässt die Beteiligten bei der Sachsen LB frohlocken. "Der Aufsichtsrat besteht in seiner früheren Besetzung fort, weil die auf der Hauptversammlung vom 27. Juli 2006 beschlossene Bestellung zweier neuer Aufsichtsratsmitglieder wegen eines Verstoßes gegen das Aktiengesetz nichtig ist", erklären die Richter klipp und klar. Es habe sich nicht um eine nach Aktienrecht zulässige spontane Vollversammlung gehandelt.

Zweites Mal um 13 Uhr mittags

Klage verloren, Urteilsbegründung gewonnen - eine ungewöhnliche Situation, aus der die Sachsen LB die Gewissheit zieht, den Streit um die mittägliche Hauptversammlung gegen Hausbacher zu gewinnen. Das Landgericht Leipzig dürfte im Herbst dazu tätig werden. Leicht macht es der Tutzinger Kaufmann der Sachsen LB allerdings nicht. Am 8. August verhandelte das Landgericht Dresden Borns Klage gegen seine Abberufung. Schon die Richter in erster Instanz äußerten Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Husarenstücks. Prompt trommelte Hausbacher in München am 9. August erneut seine Getreuen zur MDL-Hauptversammlung zusammen. Diesmal um 13 Uhr mittags. Die Versammlung war ähnlich kurz wie im Juli, die Beschlüsse dieselben. Angesichts der Zweifel des 2. Zivilsenats dürfte auch das zweite Husarenstück kaum Aussicht auf Erfolg haben.

Könnte heißen: So trickreich Hausbacher auch vorgeht und Lücken im Aktiengesetz auszunutzen versucht - das Ende der Fahnenstange dürfte für ihn eines Tages in Sichtweite kommen. Nicht jeder, der hoch pokert, steckt auch den Gewinn ein. Th. Hartwig

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Bemerkung von Karl Nolle, MdL: "Bei Lichte betrachtet und in jede juristische Ecke geleuchtet hat Th. Hertwig nur einen Teil der scheinbaren Konfusion erwischt. (Zweifel bei Gericht in Dresden, klare Aussagen dagegen bei den Münchner Richtern) Zu einem vorschnellen lockeren Abgesang jedenfalls, auf wen auch immer, ist es zu früh, ebenso für eine eilige Gewinn- und Verlustrechnung.

Soviel ist jetzt schon zu sagen, der Schaden für Sachsen und die Sachsen LB ist nicht zuletzt durch die Handlungsstarre aller für die Landesbank Verantwortlichen insgesamt schon viel größer, als es jemals ein Auseinandersetzungbetrag zu Beendigung des MDL-Gesamtpaketes sein wird, der so sicher wie das Amen in der Kirche kommt.

Schaden abwenden vom Land und seinen Nutzen zu mehren, wie es der Eid auf die Verfassung fordert, sieht anders aus. Was sagte Richter Hagenloch, 0,1 % Ratingverschlechterung bei der Sachen LB ist doch viel teurer als alle Vergleichsmodalitäten in der Sache MDL sein könnten. Wetten, wenn die Politiker mit eigenem Geld haften würden, wäre das MDL Kapitel der Sachsen LB schon lange zugeschlagen."