Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 07.10.2006
Morgendliche Gebetsrunden in der Politik
Dresden. Ob es denn ein dickes Werk sei, wollte Thomas de Maizière zuallererst wissen, als man ihn um diese Buchpräsentation gebeten hatte. Denn ein Dickes hätte er nicht vorgestellt, scherzte der Kanzleramtsminister. Doch der prominente Christdemokrat aus Dresden konnte beruhigt sein. "Neue Wege wagen. Als Christ in politischer Verantwortung" hat nur 120 Seiten und sogar ein paar Fotos dazu.
Das Titelbild zeigt Fritz Hähle, den Autor und CDU-Landtagsfraktionschef, vor der Kulisse der Dresdner Frauenkirche. In der Pose sieht er ein wenig so aus wie ZDF-Missionar Peter Hahne. Dabei ist die Anspielung in doppeltem Sinne unpassend. Erstens hat dessen Buch mittlerweile zig Auflagen erlebt und ist zum Bestseller geworden, was man bei Fritz Hähle nicht unbedingt erwarten darf.
Zweitens heißt Hahnes Buch "Schluss mit lustig", während Hähle für seinen feinen Humor durchaus bekannt ist. Dass das Buch gerade jetzt erscheint, habe vor allem den Grund, dass er nicht eher damit fertig geworden sei, bekennt Hähle offenherzig und tatsächlich sucht man einen aktuellen Anlass vergeblich.
Sein Buch richte sich vor allem an Christen, die er ermutigen wolle, immer wieder aufs Neue politische Verantwortung zu übernehmen, wie auch viele Frauen und Männer des Herbstes 1989. Auch der Chemnitzer Forschungsingenieur Hähle kam erst 1990 in die Politik. Eine Umbruchzeit, mit der er sein Buch einleitet.
Stargast de Maizière lobt den evangelisch-lutherischen Autor als einen Mann der kleinen Form. Einer, der mit feinen Geschichten von seinem Posaunenchor, den Herrnhuter Losungen und morgendlichen Gebetsrunden in der Politik berichtet und immer wieder auf die Verantwortung der Christen in der Politik zu sprechen kommt. "Der Glaube gehört zum Leben von Fritz Hähle", sagt Thomas de Maizière.
Wenn der Chef des Kanzleramtes auftritt, ist meistens auch ein anderer nicht weit: Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) nimmt zur Präsentation im Congress-Center an der Elbe seinen Platz in der ersten Reihe ein. Nur zum Gucken und Gratulieren und dabei sein, was jener mutmaßliche Kronprinz in Dresden so treibt, der keine Zeit mehr für dicke Bücher hat.
Sven Heitkamp