Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 08.10.2006

Das Herz schlägt links

Politik. Die SPD rechnet mit einer vorgezogenen OB-Wahl und will deshalb ihr Profil schärfen.
 
Die sozialdemokratische Partei in der Region befindet sich im Umbruch. Mit einem Linkskurs versucht die SPD, die im Dresdner Stadtrat mit acht Sitzen nur noch viertstärkste Kraft ist, bei künftigen Urnengängen zu punkten. Auf dem Unterbezirksparteitag am Sonnabend im gewerkschaftlichen Volkshaus wurde der nach den Schlappen bei Kommunal- und Landtagswahl 2004 begonnene Richtungswechsel bekräftigt: Mitte ja, aber mit linken Akzenten, bitte.

Sachsens neue Kunstministerin Eva-Maria Stange gab mit einem Grußwort zu Beginn den Takt vor. Ihren Ruf „Keine Gebühren für das Erststudium“ quittierten die 78 Delegierten mit langem Applaus. Die SPD müsse „Lebenschancen vermitteln“, fügte Stange hinzu und lieferte damit das Leitmotiv für andere Genossen.

Ein starker Staat soll dabei helfen. Der mit breiter Mehrheit verabschiedete Antrag der Parteispitze fordert denn auch vor dem Hintergrund des Verkaufs der Dresdner Woba-Wohnungen: „Kommunale Unternehmen bleiben wichtige Instrumente in der Hand der Gemeinden.“ Der Chef der SPD-Stadtratsfraktion, Peter Lames, wies darauf hin, dass Teile der ehemaligen PDS den Deal mit einem US-Investmentfonds erst möglich gemacht hätten. Dagegen sei die SPD die Partei „der sozialen Gestaltung“. Andere verwiesen stolz darauf, dass die Sozialdemokraten den Teilverkauf der Elblandkliniken in Meißen mit verhindert hätten.

Allerdings: Ein striktes Nein zu Privatisierungen konnten sich die Sozialdemokraten nicht abringen. Der Beschlusstext enthält den in der Debatte nicht erwähnten Gummiparagraphen, wonach „in begründeten Ausnahmefällen“ Verkäufe möglich seien. Zur Unzeit wurden für die SPD im Vorfeld des Parteitages Pläne einer bundesweit agierenden Gewerkschaftsholding bekannt, den Tagungsort – das traditionsreiche Haus am Schützenplatz – zu verscherbeln. Die Sozialdemokraten, die in Dresden mit dem Gewerkschaftsbund eng verbandelt sind, sprachen sich einstimmig gegen diese Absicht aus.

All das sollte sagen: Das Herz schlägt links. Der Unterbezirkschef und Landtagsabgeordnete Martin Dulig warnte davor, dass sich der Staat weiter – auch mit SPD-Beteiligung – soziale Gestaltung aus der Hand nehmen lasse. Die SPD in der Region müsse genau das Gegenteil vermitteln und dadurch ihr Profil schärfen. Aus gutem Grund. In Dresden, vermutete Dulig, werde der Nachfolger des suspendierten OB wohl bereits 2007 gewählt.
Von Thilo Alexe