Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 03.11.2006

Der große Vorsitzende zieht sich zurück

PDS-Fraktion. Der Chef Peter Porsch will in acht Monaten das Handtuch werfen und löst nun eine Nachfolgedebatte aus.
 
PDS-Fraktion. Der Chef Peter Porsch will in acht Monaten das Handtuch werfen und löst nun eine Nachfolgedebatte aus.

Lange blieb der konkrete Termin für die Öffentlichkeit ein Geheimnis. Unmittelbar vor dem PDS-Landesparteitag am kommenden Wochenende in Weinböhla spricht PDS-Fraktionschef Peter Porsch erstmals Klartext.

„Im Sommer nächsten Jahres werde ich mein Amt abgeben.“ Als möglichen Termin nennt der 62-jährige Porsch, der seit 1992 ununterbrochen die wichtigsten Führungspositionen der sächsischen Linkspartei innehat und zwischendurch sogar zum PDS-Bundesvize aufstieg, den 1. Juli 2007.

Das macht Sinn, denn zwei Wochen zuvor soll ein Bundesparteitag die Fusion von Linkspartei und WASG absegnen, und danach wird sich das Personalkarussell im linken Lager ohnehin kräftig drehen.

Angst vor tiefem Riss wächst

Der Rückzug des „großen Vorsitzenden“ (Partei-Spott) vom vorderen Rand der politischen Bühne war im Landesverband erwartet worden. Doch mit der nun erfolgten Terminankündigung sorgt Porsch für Unruhe und Zeitdruck gleichermaßen. Der Grund: Die Nachfolgerfrage ist alles andere als geklärt, obwohl es dafür durchaus Favoriten gibt. Dazu gehört vor allem der langjährige parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Landtagsfraktion, André Hahn. Doch mittlerweile gilt dessen Abgeordnetenkollegin und heutige Fraktionsvize Caren Lay vielen als ebenbürtige Konkurrentin.

Dass beide Politiker starke Ambitionen auf den Fraktionsvorsitz haben, beweisen sie mit ihrer routinierten Zurückhaltung. Zu diesem Thema, so teilen sie bemüht gelassen mit, gebe es jetzt noch nichts zu sagen. Aber auf jeden Fall müsse es künftig eine Lösung geben, die die Arbeit der größten Oppositionsfraktion im Landtag nicht beeinträchtigt. Genau so werden Kampfkandidaturen vorbereitet.

Die Gefahr eines tiefen Risses, der dank der ungeklärten Personalfrage schon bald durch die 31-köpfige Fraktion gehen könnte, hat auch Sachsens PDS-Chefin Cornelia Ernst erkannt. Verzweifelt sucht sie nach einem Ausweg und schindet dabei erst einmal Zeit. Ohne Namen zu nennen, ruft sie alle Porsch-Ersatz-Kandidaten zu „inhaltlichen Angeboten“ auf. Wer führen wolle, müsse den anderen sagen, wohin die Reise gehen soll.

Politische Aufholjagd nötig

Diese Forderung scheint mehr als berechtigt, denn um die PDS ist es im Landtag und im Land sehr still geworden. Das lag nicht zuletzt an Fraktionschef Porsch selbst. Dessen aufwendiger Kampf gegen die Mitte 2004 aufgekommenen Stasi-Vorwürfe kostete Kraft und Zeit.

Zudem konzentrierte sich das öffentliche Interesse seit der vergangenen Wahl auf die Konflikte zwischen den neuen Regierungspartnern CDU und SPD. Nicht zuletzt besetzten die wieder ins Parlament eingezogenen Grünen und die FDP wichtige Themen. Die Linkspartei sorgte allenfalls durch heftige Streitereien in ihrem größten Stadtverband Dresden oder durch den Mitgliederschwund – aktuell noch 14 880 – für Schlagzeilen.

Das soll endlich anders werden. Doch niemand in der PDS erwartet, dass ein Kandidat bereits in Weinböhla den Hut in den Ring wirft. Vielmehr will Parteichefin Ernst zunächst einen mit allen Gremien besprochenen Personalvorschlag vorlegen. Wahrscheinlich zum Jahresende. Erst dann können sich alle Lager offen duellieren.
Von Gunnar Saft