Karl Nolle, MdL
LVZ/DNN, 05.04.2001
Dresden streitet über die Miete der Biedenkopfs
Rechnungshofbericht soll im Mai vorliegen
DRESDEN. Zahlt der Ministerpräsident genügend Miete für seine Wohnräume in der Dresdner Schevenstraße 1? Nutzt er Personal des Landes wie einen Koch und eine Putzfrau für private Zwecke? Kurt Biedenkopf muss sich seit Anfang der Woche mit einer Debatte um seine Wohn- und Arbeitsbedingungen auseinandersetzen. Gestern verhärteten sich die Fronten.
Der Chef der Staatskanzlei, Georg Brüggen, stellte sich demonstrativ vor den Regierungschef. Entscheidungen darüber, was dienstlich oder privat sei und entsprechend bezahlt werden müsse, würden von ihm, Brüggen, und seinen Mitarbeitern getroffen. Biedenkopf erteile dazu keine Weisungen. Der Verfügungsfonds des Ministerpräsidenten werde zudem gar nicht ausgenutzt, im Jahr 2000 beispielsweise nur zur Hälfte. Abendessen und andere Empfänge seien überdies mit dem festangestellten Personal wesentlich günstiger zu gestalten als mit Hotels und Catering. Zurzeit prüft der Landesrechnungshof die Wohnkonditionen. Brüggen kündigte an, Abschlussgespräche dazu würden Anfang Mai stattfinden.
Das Innenministerium erklärte darüber hinaus, dass auch der Personen- und Objektschutz vom Landeskriminalamt festgelegt werde. Neben dem Wohnsitz in Dresden werde auch das Ferienhaus am Chiemsee durchgehend von Beamten bewacht. Der Ministerpräsident bringe gelegentlich zum Ausdruck, dass "des Guten vielleicht zu viel getan" werde.
Auf die Mietbedingungen ging Finanzminister Thomas de Maiziere ein. Er erklärte, das Gästehaus, in dem Biedenkopfs wohnen, habe der Freistaat von der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft für 8,15 Mark pro Quadratmeter gemietet. Biedenkopf zahle daher seit Juli 1997 für die 155,4 Quadratmeter knapp 1267 Mark zuzüglich Betriebskosten in Höhe von 591 Mark. Damit zahle Biedenkopf 12,40 Mark pro Quadratmeter. Andere Mieter der vornehmen Gegend am Weißen Hirsch berichteten, sie zahlten nur 11,20 Mark. Der Finanzminister betonte, dass weder Biedenkopf noch die Staatskanzlei Einfluss auf den Mietvertrag ausgeübt hätten. Vielmehr habe sich der Ministerpräsident persönlich mehrfach vergewissert, dass diese Angelegenheit ordnungsgemäß geregelt würde. Die Anwürfe seien falsch und persönlich verletzend, betonte de Maizire.
Die PDS macht indes eine andere Rechnung auf. Da Biedenkopfs durch das Gästehaus-Personal wie in einer Hotel-Suite wohnten, seien eigentlich 350 Mark am Tag zu zahlen. Dies ergebe in zehn Jahren etwa 1,2 Millionen Mark. Der Ministerpräsident solle den Differenzbetrag nachzahlen, forderte PDS-Chef Peter Porsch.
Strittig ist auch die Bezahlung der Miete vor dem Juli 1997. Laut Staatsregierung hat Biedenkopf jedoch auf eine Ortszulage verzichtet, die für die Miete aufgewendet worden sei. Die nach Bundesbesoldungsordnung geleisteten Beträge entsprächen etwa den heutigen Mietzahlungen, hieß es.
Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle bestätigte unterdessen, dass er eine Anzeige gegen den Ministerpräsidenten wegen Vorteilsnahme erwäge. Nolle hatte sich mit einer Anfrage nach den Mietzahlungen erkundigt. Da die Auskünfte unbefriedigend seien, überlege er ferner, die Beantwortung durch den Verfassungsgerichtshof überprüfen zu lassen.
Die CDU-Fraktion warf Opposition und Medien eine infame Neid- und Diffamierungskampagne vor, die nur dazu diene, die Familie Biedenkopf zu demütigen und das Ansehen des Landes zu schädigen. Es gebe keinen Zweifel, dass die Regelungen korrekt angewendet werden. Das Gestrüpp aus Verdächtigungen und Vorverurteilungen sei völlig unakzeptabel. Biedenkopf hatte vor der Fraktion laut unseren Informationen erklärt, wenn es ihm ums Geld gegangen sei, wäre er 1990 besser in der freien Wirtschaft geblieben. Für private Nutzungen des Dienstwagens zahle er im übrigen 12 000 Mark.
Im Landtag wird indes gemutmaßt, dass Tipps für die umstrittenen Informationen von parteiinternen Biedenkopf-Gegnern stammen. Dazu könnten Kreise um den früheren Finanzminister Georg Milbradt oder dieser selbst zählen, hieß es.
(von Sven Heitkamp)