Karl Nolle, MdL
Agenturen ddp-lsc, 16:29 Uhr, 10.12.2006
Unionsspitze sieht Konsequenzen gezogen - CDU verzichtet auf neue Parteiausschlussdrohung gegen Nitzsche - Kritik von Nolle und Grünen
Dresden (ddp-lsc). Sachsens CDU sieht nach dem Rücktritt des Bundestagsabgeordneten Henry Nitzsche als CDU-Kreisverbandschef in Kamenz/Hoyerswerda derzeit keinen Grund, dem wegen rechtslastiger Äußerungen in die Kritik geratenen Politiker erneut mit einem Parteiausschluss zu drohen. CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer teilte am Sonntag nach einer Präsidiumssitzung mit, durch Nitzsches Rücktritt sei «die notwendige Konsequenz aus seinen inakzeptablen Äußerungen erfolgt». Die Parteispitze erwarte, «dass sich derartige Entgleisungen in der Zukunft nicht wiederholen». Vor rund zehn Tagen hatte die CDU-Führung Nitzsche noch mit einem Rauswurf aus der Partei gedroht. Kritik am jüngsten Vorgehen der Union kam von Grünen und SPD.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle warf der CDU Prinzipienlosigkeit vor. Die Union zeige mit ihrem Beschluss, dass «nunmehr auch Neonazi-Sympathisanten wie Nitzsche» offiziell von der CDU-Spitze geduldet würden. Es sei schade, dass in Sachsens CDU «so wenig christliche, demokratische und antifaschistische Gegenwehr zu sehen ist und offensichtlich prinzipienlose Machterhaltung vorherrscht». Nolle fuhr fort, «Typen wie Nitzsche» könnten keinen Platz in einer christlichen und demokratischen Partei haben.
Grünen-Landtagsfraktionschefin Antje Hermenau monierte, dass die Partei mit dem Rücktritt Nitzsches «den Schlusspunkt in der Affäre» gesetzt sehe. «Dieser Mann hat in einer demokratischen Fraktion des Bundestages nichts verloren.» Sie erwarte, dass die CDU in Zukunft sofort gegen menschenverachtende und rassistische Äußerungen in den eigenen Reihen vorgehe. Ministerpräsident und CDU-Landeschef Georg Milbradt hätte schon 2003 für ein Ende von Nitzsches Karriere sorgen müssen, als erste Ausfälle bekannt geworden seien. «Rücksicht auf Hetzer zu nehmen, ist das völlig falsche Signal», betonte Hermenau.
Ende November war bekannt geworden, dass Nitzsche im Juni auf einer CDU-Veranstaltung zum Thema Patriotismus vor einem «Schuldkult» gewarnt und die frühere rot-grüne Bundesregierung als
«Multi-Kulti-Schwuchteln» bezeichnet hatte. Nitzsche hatte seine Wortwahl zunächst verteidigt, sich später aber entschuldigt und von einem Missverständnis gesprochen. Bereits in den Jahren davor hatte der sächsische CDU-Politiker mehrfach bundesweit für Negativschlagzeilen gesorgt. 2003 etwa hatte er zum Wahlverhalten türkischstämmiger Deutscher gesagt, eher werde «einem Moslem die Hand abfaulen», als dass er CDU wähle.
von Alessandro Peduto
(Quellen: alle in Mitteilungen)
ddp/ape/pon
101629 Dez 06