Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 11.12.2006
CDU-Spitze: Keine Schritte gegen Nitzsche
Union. Die Parteiführung sieht ab von einem Ausschlussverfahren gegen den Abgeordneten.
Dresden. Die sächsische CDU will den umstrittenen Bundestagsabgeordneten Henry Nitzsche vorerst in ihren Reihen behalten. Durch den Rücktritt Nitzsches vom Posten des Kreischefs in Kamenz-Hoyerswerda sei die „notwendige Konsequenz aus seinen inakzeptablen Äußerungen erfolgt“. Das teilte CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer gestern als Ergebnis einer Präsidiumssitzung des Landesvorstands am Sonnabend in Dresden mit. Die CDU-Spitze „erwartet von Henry Nitzsche, dass sich derartige Entgleisungen in der Zukunft nicht wiederholen“, heißt es drohend.
Nitzsche selbst war zu dem Treffen, wie er zuvor schriftlich angekündigt hatte, gar nicht erst erschienen (die SZ berichtete am Sonnabend). Gegenüber der SZ erklärte er gestern, es sei ja viel spekuliert worden über seine politische Zukunft. „Aber ich glaube fest an meine politische Zukunft.“ Zudem setzt Nitzsche jetzt offenbar mit einer gewissen Freude kleine Nadelstiche in Richtung Parteichef Georg Milbradt. So teilte Nitzsche seinen „lieben Unionsfreunden“ in der Dresdner CDU-Zentrale gestern per Fax mit, dass er seine freiwillige Sonderabgabe in Höhe von monatlich rund 420 Euro, die von Mandatsträgern erwartet wird, künftig nicht mehr zahlt. Die dementsprechende Einzugsermächtigung ist entzogen. Zudem erklärte Nitzsche seinen Austritt aus der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV), einer CDU-Bildungseinrichtung.
Nitzsche hatte im Juni auf einer CDU-Veranstaltung den „Schuldkult“ der Deutschen beim Umgang mit ihrer Vergangenheit kritisiert. Der 47-Jährige ist bereits mehrfach mit rechtslastigen Äußerungen aufgefallen.
Der Druck auf die Union hält unterdessen weiter an. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) forderte CDU-Landeschef Milbradt in einem Grußwort auf dem SPD-Landesparteitag am Sonnabend auf, Nitzsche aus der Partei auszuschließen. „Wenn Sie Schaden von Sachsen abwenden wollen, von der CDU und von der Demokratie, dann setzen Sie Herrn Nitzsche den Stuhl vor die Tür.“ Der Bundestagsabgeordnete sei eine „Schande für Sachsen und für diejenigen, die sich gegen Rechtsradikalismus engagieren“.
Weiter Druck auf Union
Die Chefin der Landtags-Grünen, Antje Hermenau, empfahl der CDU, eine „deutliche Trennlinie zum Rechtsradikalismus“ zu ziehen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle kritisierte scharf, dass „in der Sachsen-Union immer noch Deutschland von der Etsch bis an den Belt und von der Maas bis an die Memel reicht“. „Neonazisympathisanten“ wie Nitzsche würden „offiziell von ganz oben geduldet“. Nolles Fazit: „Schade, dass in der Sachsen-Union so wenig christliche, demokratische und antifaschistische Gegenwehr zu sehen ist und offensichtlich prinzipienlose Machterhaltung vorherrscht.“
Von Annette Binninger und Uwe Jordan