Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 23.01.2007
SachsentB: Weiss-Brief bringt MP Milbradt in Bedrängnis
DRESDEN - Deutliche Worte, aber kein Frontalangriff: Kurt Biedenkopf (76, CDU) schilderte gestern vor dem Landesbank Untersuchungsausschussseine -bekannte- Sicht auf die Affäre. Neu indes war eine Enthüllung von SPD-Wühler Karl Nolle.
Nolle präsentierte einen Brief, den Ex-Landesbankchef Michael Weiss auf dem Höhepunkt der Bank-Affäre an Milbradt sandte. Darin setzt der Skandal Banker Milbradt unverhohlen die Pistole auf die Brust: „Ein Rücktritt setzt voraus, dass wir - vor seiner Erklärung-Einigkeit über meine vertraglichen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis mit der Bank erzielt haben." Zu dieser Einigung kam es jedoch nie, Weiss musste unfreiwillig seinen Sessel räumen. Dennoch verkündete Milbradt im Landtag, dass Weiss um Abberufung gebeten habe.
Die PDS-Fraktion wirft dem Regierungs-Chef deshalb vor, gelogen zu haben. Ex-Bankchef Rainer Fuchs, der ähnliche Forderungen aufstellte, hat Milbradt sogar auf Widerruf und Schadensersatz verklagt. Das alles aber kommentierte Biedenkopf nicht. Betont locker und gelöst erschien er vor dem Untersuchungsausschuss. „Danke, dass Sie mich zur Aufklärung hinzugezogen haben." Der Dank galt wohl der PDS, auf deren Initiative Biko überhaupt geladen wurde. Die CDU bekundete gleich zu Beginn, „keine Fragen" an ihren ExChef zu haben.
Der aber antwortete bereitwillig und ausführlich wie selten. Kein Wunder, ging es doch um Skandale, die sich nach seiner und - wohl noch wichtiger - unter der Amtszeit seines Nachfolgers Georg Milbradt zugetragen haben. Allerdings vermied Biedenkopf Frontalangriffe. Seinen Brandbrief an Milbradt betrachte er nach wie vor als vertraulich. „In der Öffentlichkeit hätte ich andere Worte gewählt." Dennoch erklärte Biko, dass durch die geduldeten Eskapaden der Bank und damit dem Freistaat Sachsen „ein erheblicher Schaden" entstanden sei. „Das steht außer Frage."
Die politische Verantwortung dafür trage „selbstverständlich der Ministerpräsident" - und zwar auch dann, wenn er den Sachverhalt nicht kenne. Biko allerdings habe Milbradt in zwei Gesprächen Ende 2003 und Anfang 2004 über die drohende Misere informiert Er habe damals im Streit zwischen der Bank und der Immobilienfirma IIL, für die auch sein Schwiegersohn Andreas Waldow arbeitet, vermittelt. Bankchef Weiss aber habe sich jeder Einigung verweigert und stattdessen Vorwürfe und Lügen verbreitet. „Er war ungeeignet, die SachsenLB zu führen", sagte Biko und gab Milbradt am Ende doch noch einen mit: „Unter meiner Amtsführung wäre Weiss' Vertrag nicht verlängert worden."
Von Stefan Locke