Karl Nolle, MdL
Agenturen, dpa/sn 17:41 Uhr, 20.02.2007
Kindergarten-Streit erreicht sächsische Regierung - Kritik an Flath
Dresden (dpa/sn) - Sachsens Kultusminister Steffen Flath (CDU) hat mit seiner kritischen Haltung zur Erziehung in Kindergärten nun selbst in der Regierung des Freistaates Turbulenzen ausgelöst. Am Dienstag reagierte das CDU-geführte Sozialministerium auf Äußerungen Flaths mit einer «Richtigstellung». Anders als von Flath behauptet, erhielten auch Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder daheim staatliche Hilfe. Flath war in einem Interview mit der «Sächsischen Zeitung» anders zitiert worden: «Wer zu Hause bleibt und Kinder erzieht, bekommt nichts und erfährt oft auch nur wenig Anerkennung».
Auf andere Passagen reagierten Parteien im Landtag und sogar der Koalitionspartner SPD empört. Die SPD nannte Ansichten Flaths absurd. Die Linkspartei attestierte dem Minister, unter «DDR-Verfolgungswahn» zu leiden. Von den Grünen kam der Rat, «nicht völlig den Boden der Tatsachen» zu verlassen. Flath hatte Bundesfamilienministerin Ursula van der Leyen (CDU) vorgeworfen, im Fall der Kinderbetreuung falsche Signale an die Eltern auszusenden: «Und jetzt kommt Frau von der Leyen mit der Behauptung, das Beste sei, die Kinder zwölf Monate nach der Geburt in professionelle Hände zu geben.»
Dabei hatte Flath grundsätzlich für eine Wahlfreiheit plädiert, «ob jemand sein Kind in die Krippe geben kann oder zu Hause erzieht». Dazu gehöre aber, dass der Staat nicht «gewisse Lebensformen» begünstige. «Der Staat sollte sich davor hüten, hier für eine Seite Partei zu ergreifen.» Zugleich warnte er die Eltern davor, die Verantwortung für die Erziehung der Kinder an den Staat abzuschieben.
«Ich kann nur nachdrücklich davor warnen, ein Einzelschicksal zum Leitbild des politischen Handelns zu machen», sagte die Abgeordnete Gisela Schwarz (SPD) mit Blick auf Flaths persönlichen Hintergrund. Seine Frau hatte zu DDR-Zeiten ihren Beruf aufgegeben, weil sie ihren Sohn nicht in die Krippe geben wollte. Flaths «groteske Haltung» sei nur mit persönlichen Negativerfahrungen zu erklären, meinte Schwarz.
Kinder brauchten für ihre Entwicklung neben den Erwachsenen der Familie auch andere Kinder, argumentierte Grünen-Sozialexpertin Elke Herrmann. «In dem Bemühen, die CDU als konservative Partei zu profilieren, ist Flath weit über das Ziel hinausgeschossen. Seine Äußerungen gehen an der Lebenswirklichkeit der meisten Sachsen vorbei. Sie empfinden Kinderbetreuung nicht als Last, sondern als Chance, Beruf und Kind zu vereinbaren», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Torsten Herbst.
Nach Ansicht der Linksfraktion hat Flath nicht das Recht, «seinen Mitmenschen Schäden einzureden, die sie nicht haben». Schon seit Monaten predige er einen «angeblich fortbestehenden DDR-Defekt im Denken ostdeutscher Eltern, der sich in der Abschiebung der eigenen Kinder in staatliche Obhut äußere», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, André Hahn. Ein Repräsentant des Staates müsse sich aber um eine objektive Sicht bemühen.
dpa su yysn iy
201741 Feb 07