Karl Nolle, MdL
Agenturen, ddp-lsc, 18:22 Uhr, 09.05.2007
Neue NPD-Ausfälle im Landtag - Parlamentspräsident Iltgen erteilt Apfel Ordnungsruf wegen menschenverachtender Äußerungen
Dresden (ddp-lsc). Im sächsischen Landtag ist die rechtsextreme NPD erneut mit fremdenfeindlichen Äußerungen aufgefallen. Ihr Fraktionschef Holger Apfel bezeichnete am Mittwoch im Plenum Ausländer unter anderem als «staatsalimentierte orientalische Großfamilien», «arrogante Wohlstands-Neger», «Tatarenstämme» und «ethnokulturelle Kastraten». Für seine gesamte Rede erhielt Apfel erst Stunden später einen Ordnungsruf von Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU). Dass er Apfels Äußerungen im Plenum zunächst stillschweigend durchgehen ließ, stieß parteiübergreifend auf Kritik.
Bezogen auf Asylbewerber hatte Apfel während der Debatte zur Zuwanderung unter anderem gesagt: «Für wen das alles unterschiedslos Menschen sind, der vermag das schreiende Unrecht aus der bunten Republik Deutschland nicht mehr zu erkennen». Iltgen nannte diesen Satz «völlig ungeheuerlich». Damit missachte Apfel nicht nur die Menschenwürde, sondern erfülle auch «den Tatbestand der Volksverhetzung». Mit Blick auf das Zuwanderungsgesetz hatte Apfel zudem von «überfremdungspolitischen Ungeheuerlichkeiten der schwarz-rot-gelb-grünen Volksabwickler» gesprochen. Ziel der anderen Parteien sei es, eine «entwurzelte Masse ethnokultureller Kastraten zu schaffen». Es müsse den Verantwortlichen immer klar gewesen sein, «dass man Neger und Tatarenstämme nicht einfach in Deutschland integrieren» könne.
Apfel habe in seiner Rede «in Deutschland lebende Ausländer und Asylbewerber pauschal verunglimpft und beleidigt», begründete Iltgen seinen Ordnungsruf, der für Apfel zunächst keine weiteren Folgen hat. Zu der Sanktion entschlossen hatte sich der 66-jährige Parlamentspräsident erst nach der Durchsicht des stenografischen Protokolls.
Dass Iltgen zu Apfels Ausfällen zunächst geschwiegen hatte, wurde von anderen Landtagsabgeordneten offenkundig missbilligt. Noch im Plenum reagierte Sachsens Ausländerbeauftragte Friederike de Haas (CDU), unter dem Beifall einer Mehrheit der Abgeordneten auf den Beitrag Apfels mit den Worten, dass dieser «einen Ordnungsruf verdient» hätte. Apfels «menschenverachtende Äußerungen» seien des Parlaments unwürdig.
SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss sagte, wer gedacht habe, die bisherigen Entgleisungen Apfels seien nicht mehr zu übertreffen, habe am Mittwoch das Gegenteil erlebt. Die Wortwahl erinnere «fatal an die Namen Goebbels, Freisler und Schleicher». De Haas habe «die Ehre des Parlaments hochgehalten», fügte Weiss hinzu.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion.PDS, André Hahn, monierte indes, Iltgen sei «offenkundig nicht mehr in der Lage, den Ausführungen richtig zu folgen». Es sei «nicht zu begreifen, dass er keinerlei Reaktion gezeigt» habe. Apfel habe in seiner Rede «gleich mehrfach die Grenzen des Erträglichen überschritten».
Linksfraktionschef Peter Porsch sprach in einem Zwischenruf von «Volksverhetzung». Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Johannes Lichdi, nannte Apfels Äußerungen den «üblichen Rassismus der NPD». Sein FDP-Amtskollege Jürgen Martens bezeichnete sie als «ziemlich üble Hetze». Ohne die so genannte Indemnität, unter deren Schutz Apfel als Abgeordneter steht, «wäre diese Rede wahrscheinlich ausreichendes Beobachtungsobjekt für Staatsanwälte». Der
SPD-Abgeordnete Karl Nolle attestierte Apfel «einen neuen, für alle Demokraten unerträglichen, Hetz-Rekord», mit dem die Würde des Landtags schwer belastet worden sei.
(Quellen: Lichdi und Hahn auf Anfrage; Iltgen, Weiss und Nolle in Mitteilungen; alle anderem im Plenum)
Von Tino Moritz
ddp/tmo/
091822 Mai 07