Karl Nolle, MdL
Agenturen ddp-lsc, 12:05 Uhr, 17.05.2007
Ein Fall für INES - Spezialeinheit untersucht Sachsens Korruptionsaffäre
Landesamt für Verfassungsschutz unter Druck
Dresden (ddp-lsc). Die vom Verfassungsschutz offenbar aufgedeckten Verbindungen von Politikern, Justizbeamten und Polizisten zum organisierten Verbrechen werden ein Fall für Sachsens
Anti-Korruptionseinheit INES. Sie werde die Untersuchungen leiten, kündigte Generalstaatsanwalt Jörg Schwalm am Mittwoch in Dresden an. Zurückgreifen soll INES dabei auf bereits bestehende Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft Leipzig sowie auf die umfangreiche Datensammlung des Landesamts für Verfassungsschutz. Justizminister Geert Mackenroth (CDU) sicherte INES die nötige personelle und technische Ausstattung zu, «damit es in schneller Zeit zu guten und gerichtsverwertbaren Ergebnissen kommt».
Das Landesamt gerät unterdessen immer mehr unter Druck, weil es entgegen gesetzlich vorgeschriebener Verpflichtungen versäumt hat, die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Landtags frühzeitig über seine Recherchen zu unterrichten. Zudem kritisierte die PKK, dass die Nachrichtendienstler Informationen über «relevante Straftatbestände» nicht von sich aus an die zuständigen Ermittlungsbehörden übergeben haben.
Dass die geheimen Unterlagen nun an den Generalstaatsanwalt übermittelt werden sollen, hatte die PKK nach monatelanger Akteneinsicht am Dienstagabend einstimmig empfohlen. Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) wies daraufhin den Verfassungsschutz an, seine Erkenntnisse zur Verfügung zu stellen. Zudem sagte er eine Prüfung der PKK-Vorwürfe durch sein Haus zu.
Nach Medienberichten reichen die in den geheimen Akten enthaltenen Vorwürfe von Amtsmissbrauch, Kinderprostitution, Bandenkriminalität und Geldwäsche bis hin zu Verstrickungen höchster Kreise in zwei Morde und einen Mordversuch in Leipzigs Immobilienbranche. Tatorte der Geschehnisse seien zudem auch Plauen und Chemnitz. In den Unterlagen soll zudem eine Reihe von zweifelhaften Entscheidungen der Justiz aufgelistet sein.
Zur Aufklärung der Affäre behält sich die Linkspartei.PDS vor, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Darüber sei aber noch keine Entscheidung getroffen worden, sagte ihr parlamentarischer Geschäftsführer André Hahn. Er fügte hinzu, dass der Landesdatenschutzbeauftragte Andreas Schurig, nach dessen Auffassung die Daten vom Verfassungsschutz illegal erhoben wurden, nicht der einzige gewesen sei, «der zwischenzeitlich die Akten unter die Erde bringen wollte». Tatsächlich hatte Buttolo im Oktober 2006, nachdem Schurig die Aktensammlung beanstandet hatte, noch ausgeschlossen, dass die Daten für Strafverfahren herangezogen würden. Entweder sie landeten im sächsischen Staatsarchiv oder sie würden vernichtet, hatte Buttolo damals gesagt.
Hahn zufolge hätte die PKK ohne das Eingreifen Schurigs wohl nie von der Existenz der Aktenbestände erfahren. Zugleich nannte es das PKK-Mitglied «absolut nicht nachvollziehbar», warum der Verfassungsschutz mehrere in den Akten aufgeführte Straftatbestände nicht schon längst an eine Staatsanwaltschaft weitergeleitet habe. Er forderte deshalb «nicht nur organisatorische, sondern auch personelle Konsequenzen» beim Verfassungsschutz. Eine entsprechende Prüfung durch Buttolo hatte die PKK bereits in ihrer Erklärung vom Dienstag verlangt.
Die Linksfraktion dringt auf einen Ausbau der Kontrollrechte für die PKK-Mitglieder. Für einen entsprechenden Gesetzentwurf signalisierten die Grünen bereits ihre Unterstützung. Minister Mackenroth kündigte «politische Konsequenzen» aus der Affäre für die Gesetzgebung an, nachdem das Aktenmaterial ausgewertet sei.
(Quellen: Hahn vor Journalisten in Dresden; Generalstaatsanwalt in Mitteilung; Grüne und Buttolo in Mitteilungen; Mackenroth auf MDR Info)
ddp/tmo/muc
171205 Mai 07
-------------------------------------------------------------------------------
Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS für stärkere Kontrolle des Verfassungsschutzes</b<
Dresden (ddp-lsc). Im Zuge der Korruptionsaffäre in Sachsen hat die Linkspartei.PDS im Landtag einen neuen Gesetzentwurf präsentiert. Dieser zielt darauf ab, die Möglichkeiten für den Landtag zur Kontrolle des Verfassungsschutzes zu stärken. Vorgesehen ist unter anderem:
- Jedes Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) soll bereits allein die Einberufung des Gremiums, die Einsichtnahme in Akten und die Anhörung von Verfassungsschutz-Mitarbeitern verlangen dürfen.
- Die PKK soll mit den für die Erfüllung ihrer Kontrollaufgabe erforderlichen Ressourcen ausgestattet werden. Verlangt werden unter anderem «Mitarbeiter mit technischem Sachverstand».
- Jedes PKK-Mitglied soll berechtigt sein, sich unter Beachtung der Geheimhaltungspflichten nach Sitzungen mit Pressemitteilungen an die Öffentlichkeit zu wenden.
- Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz soll es ermöglicht werden, sich mit Eingaben an die PKK zu wenden.
(Quelle: Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS)
ddp/tmo/muc
171206 Mai 07
von Tino Moritz