Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa, 17:47 Uhr, 07.06.2007

Vergabe der ersten Bauaufträge - Streit um Dresdner Elbbrücke

Behörde erzwingt erste Bauvergaben
 
Dresden (dpa/sn) - Im Streit um den Brückenbau im UNESCO-Welterbe Dresdner Elbtal wird die Zeit für die Suche nach Alternativen und welterbeverträglichen Lösungen immer knapper. Nach erneuter Vertagung des zuständigen Stadtratsausschusses erzwingt das Regierungspräsidium (RP) Dresden nun die Vergabe der ersten Bauaufträge für die Zufahrten auf der rechtselbischen Hangseite. «Die Stadt bekommt am Freitag einen Bescheid, dass die Entscheidung getroffen ist», sagte ein Sprecher der Behörde am Donnerstag der dpa. Mit Ablehnung einer Verfassungsbeschwerde und eines Eilantrags der Stadt durch das Bundesverfassungsgericht (BVG) waren am Mittwoch alle juristischen Möglichkeiten zur Verhinderung der umstrittenen Waldschlösschenbrücke ausgeschöpft.

Der Stadtratsausschuss für Wirtschaftsförderung hatte die Entscheidung zur Vergabe der Bauaufträge trotz Androhung von Zwangsmaßnahmen durch das RP zum zweiten Mal vertagt - auf den 29. Juni. In dem Gremium haben Gegner des 160 Millionen Euro-Bauprojekts eine knappe Mehrheit. Sie wollen die Stadtratssitzung zu den alternativen Brückenentwürfen am 12. Juni und die Tagung des UNESCO-Welterbe-Komitees (23. Juni bis 2. Juli) abwarten. «Wir ersetzen nun den Ausschussbeschluss durch eine Verwaltungsentscheidung», sagte der Sprecher des Regierungspräsidiums. Das BVG habe Grünes Licht dafür gegeben. Der Oberbürgermeister müsse nun bis kommenden Dienstag den Bietern die Entscheidung mitteilen. Sollte es innerhalb von zwei Wochen keine Rüge von ihnen geben, würden die Verträge unterzeichnet.

Die Stadt Dresden war vor dem Bundesverfassungsgericht damit gescheitert, den Bau der Elbquerung doch noch zu verhindern. Die höchsten deutschen Richter sahen keinen Grund für eine Beanstandung des Urteils vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht, wonach die Bauaufträge für die Brücke vergeben werden dürfen. Entsteht die geplante Brücke, droht dem Elbtal die Aberkennung des Welterbetitels. Dies wäre ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Welterbe- Konvention. Die rund 20 Kilometer lange Flusslandschaft war 2004 in die Riege der UNESCO-Welterbestätten aufgenommen worden.

Im Juli 2006 kam sie wegen des beabsichtigten Brückenbaus als Warnung auf die Rote Liste. Deutschland wurde aufgefordert, das Bauvorhaben zu stoppen und Alternativ-Lösungen zu suchen. Über das 1996 vom Stadtrat beschlossene 160 Millionen Euro-Projekt wird seit Jahren gestritten. Befürworter erhoffen sich von ihr eine Entlastung für den Verkehr. Nach Ansicht der UNESCO würde sie das Panorama an der sensibelsten Stelle verschandeln. 2005 gab es bei einem Bürgerentscheid eine Mehrheit für den Brückenbau, die auch für den Freistaat Sachsen das wichtigste Argument für den Bau ist.

Die Karlsruher Richter sehen in der Welterbekonvention «keinen absoluten Schutz gegen jede Veränderung der eingetragenen Stätten des Kultur- und Naturerbes». Dresden will die UNESCO-Denkmalschützer mit Alternativen milde stimmen. Die von Gutachtern empfohlenen Entwürfe für eine welterbeverträgliche Brücke sollen am Freitag vorgestellt werden. Sie wurden von renommierten Architektur- und Ingenieurbüros erarbeitet und sollen dem UNESCO-Welterbe-Komitee vorgelegt werden. Die Stadt strebt eine Aussetzung des Votums über die Aberkennung des Welterbe-Titels an.

dpa hs/sb yysn z2 gj
071747 Jun 07