Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 21.06.2007

Das Krisenministerium

Mitten in der Korruptionsaffäre wackeln im Haus von Minister Buttolo mehrere Führungskräfte
 
Dresden (DNN). Das Innenministerium gilt als eines der wichtigsten Ressorts im Freistaat. In den Bereich von Minister Albrecht Buttolo (CDU) fällt nicht nur die Kreisreform als Zentralaufgabe der schwarz-roten Koalition bis 2009, sondern auch das, was Sachsen seit Wochen umtreibt: die Korruptionsaffäre rund um Verbandelungen von Rotlicht- und Immobilienszene mit hohen Politikern sowie Beamten aus Justiz und Polizei. Doch das Ministerium ist denkbar schlecht aufgestellt derzeit. Grund ist nicht nur die Krisendynamik der Affäre, sondern auch die Tatsache, dass mehrere Führungskräfte zugleich wackeln — und damit auch Buttolo selbst.

Bezeichnend hierfür ist eine Nachricht vom Dienstag. Ihr formaler Tenor lautete: Innenstaatssekretär Jürgen Staupe sei ins Umweltministerium gewechselt, dessen Aufgaben bei Buttolo würden nun von Landespolizeipräsident Klaus Fleischmann übernommen. Dieser Wechsel ist seit Wochen bekannt, und so schien am Dienstag festzustehen, dass Fleischmann als Innenstaatssekretär firmiere. Das allerdings ist nicht der Fall.

Fleischmann „amtiert" vielmehr nur, und er wird auch nicht wie ein Staatssekretär bezahlt. Auslöser für diese kleine Lösung, so heißt es in Dresden, seien Differenzen zwischen Fleischmann und Regierungschef Georg Milbradt (CDU) im Zuge der Kreisreform. Der Ministerpräsident habe schlicht eine Art Veto eingelegt.

Die Folgen fürs krisengeschüttelte Innenressort sind erheblich. Mit der Personalie ist die entscheidende Position hinter Buttolo im Sicherheitsbereich mit einem Interimskandidaten besetzt, und die Gesamtschau lautet: Der Minister ist wegen der Korruptionsaffäre angeschlagen, sein Amtschef sitzt dort wie auf Abruf. Und böse Zungen in der Staatsregierung unken bereits, Milbradt wolle einem möglichen Nachfolger Buttolos die Wahl eines eigenen Staatssekretärs überlassen — und kalkuliere damit klammheimlich den vorzeitigen Abgang von Buttolo mit ein.

Wie sehr dessen Haus derzeit ins Trudeln gerät, zeigt auch ein Blick auf einen weiteren Spitzenjob im Innenressort: den des Landespolizeipräsidenten, immerhin der drittwichtigste Sicherheitsposten im Lande. Den soll der Chef der Polizeidirektion Westsachsen, Bernd Merbitz, erhalten. Doch auch hier ist intern klar: Merbitz soll nicht sofort fest installiert werden in Dresden, es handelt sich vielmehr um eine Abordnung — eine Art Job auf Probe. Grund hierfür ist nicht nur, dass es Widerstände in der CDU-Fraktion gegen die Besetzung mit dem Intimus von Staatskanzleiminister Hermann Winkler (CDU) aus Grimma gibt. Es kursieren ebenso Befürchtungen, Merbitz könnte in der Affäre Schaden nehmen.

Konkret geht es um mögliche Kontakte von Merbitz mit dem Manager der Leipziger Wohnungs- und Baugesellsche (LWB), Martin Klockzin (der überraschend nun doch erst Ende des Jahres aus dem Amt scheiden soll). Dieser Zeitung liegen interne Vermerke der Polizeidirektion Leipzig vom 22. September und 9. Oktober 2000 vor, nach denen Klockzin gegenüber Kripobeamten entsprechende Aussagen gemacht haben soll. Merbitz widersprach dem gestern vehement. Ein persönlicher Einsatz von ihm gegenüber Klockzin habe nie stattgefunden, die Behauptungen seien schlicht „Quatsch".
Von Jürgen Kochinke