Karl Nolle, MdL

Dresden, Hotel Kempinkski, 02.07.2000

Stichwort Kultur im nachvormundschaftlichen Staat

Kulturbrunch der Dresdner Bürgergesellschaft für Kulturförderung e.V.
 
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Liebe Förderer der Kultur,
Liebe Mitglieder der Dresdner
Bürgergesellschaft für Kulturförderung

Erlauben Sie mir einige wenige allgemeine Worte zum Stichwort Kultur.

Wir alle sind Zeugen der administrativen Rangeleien über die Zukunft der Kultur
in Stadt und Land.

Heute 10 Jahre nach der Wende möchte ich alle heutigen Akteure, gleich welcher Partei, an die Forderungen und Werte der Montagsdemonstrationen erinnern, an ihre eigenen Werte.

Gegen das verkrustete Obrigkeitssystem und die Anmaßungen der Machtinhaber.
Gegen die Defizite an Liberalität, Toleranz und Offenheit.
Für den Mut zur Auseinandersetzung, für den Mut zu Sachverstand und Vielfalt.
Für Zivilcourage

Rolf Hendrich hat das System damals in seinem beachtlichen Buch mit dem Begriff "der vormundschaftliche Staat" beschrieben. Und Kant zitiert: "Aufklärung ist der Weg aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit"

Der Status des Menschen damals "ein Mündel", nur damals ?

Dialog und Diskurs, runde Tische der Vernunft und der Zivilcourage, Konsenz und nicht Konfrontation, verstehen und miteinander sprechen, das sollten die Tugenden der Problemlöser in Rathäusern und Landtagen sein.

Ja, unsere Straßen sind verdammt schlecht, aber wenn wir weiter 85 % Infrastrukturmittel nur in Straßenbau stecken, nicht in Kultur, Bildung, Wissenschaft, müssen wir uns nicht wundern, wenn weiter jährlich mehr als 50.000 Menschen aus Sachsen weggehen, davon 20.000 unter 25 Jahren.

Heute brauchen ja keine Ausreiseanträge mehr gestellt werden.
Wer flexibel, qualifiziert und mutig ist geht.

Zwei Persönlichkeiten , die die Enge und Einfältigkeit nicht mehr ertragen haben sind gegangen:

Prof. Michael Hampe, Intendant und Motor der Musikfestspiele Zitat:
"Kulturinstutitionen sind wie Universitäten für die nichtwissenschaftlichen Bereiche des Lebens, Gefühl, Erfahrung, Ästhetik" sie müssen gefördert werden.

Jörg Stüdemann, Kulturbürgermeister, der leidenschaftlich den falschen Weg der Kulturkürzungen, ja Amputationen angeprangert hat und die Mentalität von oben zu verordnen ohne zu vermitteln, zu diskutieren, abzuwägen, nachzufragen.

Das ist unsere wichtigste Aufgabe, meine Damen und Herren, dafür zu sorgen das auch die kulturelle Luft zum atmen bleibt und nicht wieder der Mief der Bürokraten dominiert - 10 Jahre nach der Wende.
Einen kleinen Beitrag an kultureller Zivilcourage wollen wir dazu leisten.