Karl Nolle, MdL
Agenturen dpa, 16:54 Uhr, 02.07.2007
Korruptionsaffäre: Milbradt wegen abfälliger Äußerungen in Kritik
Milbradt: beim Untersuchungsausschuss geht es um «Klamauk» ...
Dresden (dpa/sn) - Sachsens Regierungschef Georg Milbradt (CDU) ist wegen abfälliger Äußerungen über den geplanten Landtags- Untersuchungsausschuss zur Korruptionsaffäre unter heftigen Beschuss geraten. Vertreter der Opposition warfen dem Ministerpräsidenten am Montag Missachtung des Parlaments und eine verfehlte Einschätzung der Lage vor. Milbradt hatte in einem Interview erklärt, bei dem von der Opposition beantragten Ausschuss gehe es «vorrangig um Klamauk und nicht um Aufklärung». Die CDU-Landtagsfraktion erklärte zudem, die Zulässigkeit des Untersuchungsausschusses müsse noch verfassungsrechtlich geprüft werden.
Der Landtag soll an diesem Mittwoch über die Einsetzung des Untersuchungsausschusses abstimmen. Den Antrag haben Linksfraktion, FDP und Grüne gemeinsam eingereicht, die zusammen über deutlich mehr als das für die Zulassung notwendige Fünftel aller Sitze verfügen. Den Vorsitz hat die Linksfraktion. Hintergrund ist die Affäre um geheime Akten des Verfassungsschutzes, die Verstrickungen von Justiz, Politik und Polizei in kriminelle Netzwerke belegen sollen. Der Ausschuss soll die «Verantwortung der Staatsregierung für schwerwiegende Mängel» bei der Aufdeckung mutmaßlicher krimineller Netzwerke durchleuchten. Zudem geht es um die Kontrolle des Verfassungsschutzes und die Beseitigung möglicher Regelungslücken.
«Aus den Worten von Ministerpräsident Milbradt spricht eine Parlamentsverachtung», erklärte der Grünen-Innenexperte Johannes Lichdi. Milbradt offenbare das «Biedenkopf-Syndrom» und habe ein absolutistisches Gebaren, spielte Lichdi auf den früheren CDU- Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf an. Linksfraktions-Chef Peter Porsch sagte: «Das katastrophale Krisenmanagement der Staatsregierung in den vergangenen sechs Wochen hat gezeigt, dass der Ausschuss unumgänglich ist.» Milbradt leide an «Wahrnehmungsstörungen», sagte der FDP-Rechtspolitiker Jürgen Martens zu dessen «Klamauk»-Äußerungen in der «Freien Presse» (Montag).
Lichidi forderte zudem die CDU-Fraktion auf, mit offenen Karten zu spielen: «Wenn die CDU Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ausschusses hat, dann soll sie diese vorbringen und keine Nebelkerzen werfen. Dazu sind die Hintergründe viel zu ernst.» Am Umgang mit dem Antrag werde sich schnell erweisen, «wer an Aufklärung interessiert ist, und wer der Arbeit des Ausschusses Steine in den Weg legen will», sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) will dem Kabinett an diesem Dienstag einen Bericht über mögliche Missstände beim Verfassungsschutz vorlegen. Hintergrund sind die beim Geheimdienst vernichteten Kopien von Strafakten, die zur Beobachtung der Organisierten Kriminalität ausgewertet wurden. Zudem sollen Prüfteams mit externen Experten die Arbeit des Geheimdienstes und der Polizei untersuchen. Der Bericht mit Vorschlägen für Konsequenzen solle bis September vorliegen.
SPD-Vorsitzender Thomas Jurk begrüßt den angekündigten Einsatz der Sonderermittler. Damit sei der richtige Weg eingeschlagen, «um geordnete Verhältnisse zu schaffen». Damit sei auch einer der SPD- Forderungen an den Koalitionspartner Rechnung getragen worden. Die SPD hatte die CDU wegen des Krisenmanagements in der Affäre heftig kritisiert und den Koalitionsausschuss angerufen. Dieser soll an diesem Freitag tagen. Der Termin wurde vereinbart, nachdem Ministerpräsident Milbradt am Sonntag von seiner einwöchigen China- Reise zurückgekehrt war. Milbradt selbst wollte sich nach Angaben der Staatskanzlei am Montag nicht dazu äußern.
dpa hü/st yysn z2 vk
021654 Jul 07