Karl Nolle, MdL
Agenturen, dpa/sn, 14:56 Uhr, 04.07.2007
Einsetzung des sächsischen Affären-Ausschusses vorerst gescheitert
Dresden (dpa/sn) - Die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Korruptionsaffäre in Sachsen ist vorerst gescheitert. Linksfraktion, FDP und Grüne lehnten es am Mittwoch ab, ihren von den Regierungsfraktionen monierten Untersuchungsauftrags abzuändern. CDU und SPD machten wie angekündigt verfassungsrechtliche Bedenken geltend. Das Papier wurde deshalb mit den Stimmen der Koalition zur Prüfung an den Verfassungs- und Rechtsausschuss des Landtags überwiesen. Dieser Vorgang ist einmalig in Sachsens Parlamentsgeschichte. Bislang wurden alle von der Opposition verlangten Untersuchungsausschüsse problemlos eingesetzt.
Hintergrund ist eine geheime Datensammlung des Verfassungsschutzes zur Organisierten Kriminalität in Sachsen, die angeblich Verstrickungen von Politik, Justiz und Polizei belegt. Zudem waren interne Pannen beim Verfassungsschutz teilweise erst nach Medienberichten bekannt und auf Drängen der Opposition zugegeben worden. Der Ausschuss soll nun nach dem Willen von Linksfaktion, FDP und Grünen unter anderem die Verantwortung der Staatsregierung «für schwerwiegende Mängel bei der Aufdeckung und Verfolgung krimineller und korruptiver Netzwerke» untersuchen.
Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) verwahrte sich in der teils erregten Debatte vehement gegen Vorwürfe der Opposition, dass in der Korruptionsaffäre etwas vertuscht werden solle und verwies unter anderem auf den jüngsten Bericht über Mängel im Verfassungsschutz. Er warf namentlich der Linksfraktion vor, gar nicht an der Wahrheit interessiert zu sein. Der Oppositionsantrag für einen Untersuchungssauschuss beinhalte eine Vorverurteilung der Regierung und sei unzulässig. «Es muss ergebnisoffen untersucht werden. Für Sie steht das Ergebnis schon fest.» Milbradt sagte, der Linksfraktion wie der rechtsextremen NPD gehe es darum, «das Vertrauen in die Demokratie und deren Institutionen zu zerstören».
«Dem Innenminister mangelnden Aufklärungswillen zu unterstellen ist absurd und böswillig», sagte der Regierungschef in seiner ersten öffentlichen Rede zu der Affäre, die vor rund sieben Wochen bekannt geworden war. Minister Albrecht Buttolo (CDU) habe sogar verhindert, dass die umstrittenen Verfassungsschutzakten - wie vom Datenschützer ursprünglich vorgeschlagen - nicht an die Staatsanwaltschaft gegeben wurden, so der Regierungschef.
Redner der Opposition warfen der Koalition trotz gegenteiliger Beteuerungen erneut Verzögerungstaktik vor und bezweifelten deren Aufklärungswillen. Es sei ein Unding, dass Milbradt weiter zu seiner Äußerung stehe, der beantragte Untersuchungsausschuss sei «Klamauk». Diese Äußerung zeige, wie weit sich Milbradt von den Sorgen und Ängsten der Bürger entfernt habe, sagte der FDP-Politiker Jürgen Martens. Johannes Lichdi von den Grünen sprach von einer Unverschämtheit und bodenlosen Parlamentsverachtung, die der Regierungschef von sich gegeben habe.
«Diejenigen, die politische Verantwortung für die Vorgänge und deren bislang völlig unzureichende Aufklärung haben, müssen ihre Posten so bald wie möglich räumen», verlangte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, André Hahn, der bereits früher den Rücktritt von Innenminister Buttolo und Justizminister Geert Mackenroth gefordert hatte.
Der Verfassungs- und Rechtsausschuss wird sich an diesem Donnerstag um 11.00 Uhr mit dem Untersuchungsauftrag befassen. Dabei solle entschieden werden, ob ein externes Gutachten einzuholen ist, sagte Vorsitzender Günther Schneider (CDU). Er selbst plädiere, den juristischen Dienst des Landtages zu beauftragen.
dpa st yysn z2 sb
041456 Jul 07