Karl Nolle, MdL
Agenturen, dpa/sn, 16:37 Uhr, 15.07.2007
Verfassungsschutz bekommt Hilfe - Sachsen-SPD für Akten-Ausschuss
Dresden (dpa/sn) - Sachsens Verfassungsschutz greift bei der Aufarbeitung der umstrittenen Akten zur Organisierten Kriminalität auf Kollegen anderer Bundesländer zurück. Verfassungsschutz-Sprecher Alrik Bauer bestätigte am Samstag einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel». Von diesem Montag an bearbeiten auswärtige Experten die Akten, die an die Staatsanwaltschaft weitergegeben werden, sagte er auf Anfrage. Die geheimen Akten sollen Verbindungen von Politik, Justiz und Polizei zur Organisierten Kriminalität in Sachsen belegen.
Unterdessen hielt die Debatte um den von der Opposition verlangten Untersuchungsausschuss zur Affäre an, der am Donnerstag (19. Juli) im zweiten Anlauf eingesetzt werden soll. Der SPD-Landesparteitag erteilte der Landtagsfraktion am Samstag den Auftrag, notfalls gegen den Widerstand von Koalitionspartner CDU das Gremium de facto zu unterstützen; die SPD will sich bei der Entscheidung über den Antrag der Stimme enthalten. Landesvorsitzender Thomas Jurk sprach vom «fundamentalen Recht» der Opposition auf Einsetzung eines Ausschusses. «Dazu steht die SPD unabwendbar.»
Die Einsetzung war kürzlich im Landtag noch am Widerstand der Koalition wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gescheitert. Zur Landtagssondersitzung am Donnerstag wollen Linke, FDP und Grüne einen überarbeiteten Antragstext vorlegen.
Die CDU-Fraktion will die Einsetzung nur zulassen, wenn ein verfassungskonformer Antrag vorliegt. Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) sagte der «Leipziger Volkszeitung» (Samstag): «Ich bin nicht gegen einen Ausschuss, der ist das Recht der Opposition.» Wenn ein ordentlicher, verfassungsrechtlich einwandfreier Antrag auf dem Tisch liege, «dann gibt es keine Probleme.»
Die Landesvorsitzende der neuen Partei Die Linke, Cornelia Ernst, warf der Koalition Verzögerungstaktik bei der Aufklärung der Aktenaffäre vor. Damit habe sich die Koalition politisch und moralisch disqualifiziert, sagte Ernst am Samstag auf dem Vereinigungsparteitag in Chemnitz.
Aus Kreisen der Opposition wird damit gerechnet, dass sich Teile der CDU-Fraktion bei der Abstimmung auf der Landtagssondersitzung der Stimme enthalten werden und das Gremium somit eingesetzt werden kann. Es werde nicht ausgeschlossen, dass andere Teile der CDU nach der Einsatzung des Gremiums das Sächsische Verfassungsgericht anrufen.
Laut «Spiegel» sollen Verfassungsschützer aus Hessen, Nordrhein- Westfalen und Schleswig-Holstein die Akten aufbereiten. Das wollte Verfassungsschutz-Sprecher Bauer nicht bestätigen. Die Ermittler des sächsischen Verfassungsschutzes hätten seit zwei Wochen keinen Zugriff mehr auf die Akten, so das Nachrichtenmagazin. Hintergrund seien die Pannen in der Behörde, so die Vernichtung von Aktenkopien oder das Auftauchen von geheimen Dossiers in der Öffentlichkeit.
Sachsens früherer Innenminister Heinz Eggert (CDU) sagte der «Sächsischen Zeitung» (Samstag), er halte es grundsätzlich für richtig, den Verfassungsschutz langfristig wieder bei der Beobachtung der Organisierten Kriminalität einzusetzen. «Ich bin sicher, dass wir angesichts der weltweiten Gefährdungen immer wieder auf Querverbindungen zwischen Schwerstkriminalität und Terroristen stoßen werden.»
(Der «Spiegel»-Bericht lag in nachrichtlicher Fassung vor.)
dpa st yysn z2 gj
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