Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 16.07.2007
In der Sackgasse: Nach Einknicken der SPD liegt der Ball beim Regierungschef
Leitartikel von Hubert Kemper
Das klang recht selbstbewusst, was von den Höhen des Vogtlandes in die Niederungen der Partei durchdrang. Als rüsteten sich die obersten Genossen der kleinen SPD-Landesgruppe für den großen, vielleicht den letzten Kampf, so droschen der neue Generalsekretär, gestützt durch den Parteichef und assistiert von gern auf Krawall gebürsteten Landtagsabgeordneten, auf den Gegner ein. Der war – verkehrte Welt – nicht die Linkspartei, die ihnen die Mitglieder wegnimmt und die Umfragewerte in den Keller stürzen lässt, sondern der Koalitionspartner CDU.
Blitz und Donner zählen auch zum Ritual des politischen Lebens. Sachsens SPD nutzte den Parteitag, um der eigenen Basis Stärke zu zeigen, dem neuen Generalsekretär zu einem stabilen Einstieg zu verhelfen und der Öffentlichkeit Unabhängigkeit im Machtgeschäft zu demonstrieren. Ob der drohenden Kulisse ein reinigendes Gewitter oder wieder ein Zwischenhoch folgt, bleibt offen. Das Klima in der sächsischen Koalition ist mittlerweile so stark belastet, dass nicht nur in der CDU der Wunsch nach einem Ende mit Schrecken größer ist als ein Schrecken ohne Ende.
Das Tor für einen Koalitionsbruch hat die SPD geöffnet. Ohne darauf zu bestehen, dass der Antrag verfassungskonform formuliert ist, plädiert sie für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Parteichef Thomas Jurk sitzt in der Falle. Der Preis für Harmonie und den bekundeten Aufklärungswillen ist die Aufkündigung des Regierungsbündnisses –wenn Ministerpräsident Georg Milbradt die Chance ergreifen will.
Das Tor für den Koalitionsbruch hat die SPD geöffnet.
Mit seinen verfassungsrechtlichen Bedenken hat Milbradt bisher der Opposition Beine gemacht. Sie sieht sich gezwungen, den Einsetzungsauftrag neu zu formulieren. Ob diese Version nun verfassungskonform ist, spielt seit Samstag keine Rolle mehr. Die SPD hat vorzeitig grünes Licht gegeben und der Koalition ein Machtinstrument entrissen. Aber mit Jurk sitzt auch Milbradt in der Sackgasse. Er muss nachgeben, wenn der Koalitionsfriede erneut gekittet werden soll.
Für Milbradt ist das eine neue Erfahrung. Dabei gibt es Brücken, über die er gehen könnte. Auch frühere Untersuchungsaufträge waren nicht verfassungskonform. In der CDU weiß man das, ebenso wie um den Imageschaden, den der Vorwurf einer taktischer Verzögerung hervorrufen würde. Spannende Tage warten auf das politische Sachsen. Dass sich beide Seiten vergaloppiert haben, legt eine Einigung nahe – so groß die Sehnsucht nach einem Neubeginn sein mag.