Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 21.07.2007
Schwarzer Tag für Weiss
Koalition einig bei neuem Hochschulgesetz / SPD-Fraktionschef denkt an Rückzug
Dresden. Es war ein langes, geräuschvolles Ringen, die Koalition stand wieder mal auf der Probe. Dann wurde es still um das neue Hochschulgesetz, die Fronten zwischen CDU und SPD schienen verhärtet. Jetzt überraschte Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) mit einer Wende: CDU und SPD haben sich doch noch geeinigt. Am Freitag, dem 13., soll der Durchbruch erfolgt sein.
Das war vor allem ein schwarzer Tag für den scheidenden Fraktionschef Cornelius Weiss, der sich bis zuletzt gegen das Gesetz gestellt hat und der Abstimmung in der Fraktion fernblieb, um sein Missfallen zu bekunden. Mitte April war die Novelle noch an seinem energischen Widerstand gescheitert, nun denkt der 74-Jährige über einen früheren Rückzug von der Fraktionsspitze nach. Zwei weitere SPD-Abgeordnete stimmen auch jetzt mit Nein. Sie lehnen es ab, dass Hochschulen selbst Dienstherren ihres Personals werden und aus Tarifbindungen aussteigen können, weil sie Lohndumping für Beschäftigte fürchten. „Die Fraktion steht aber zu dem Gesetz“, sagt deren Vize, Hochschulpolitikerin Simone Raatz.
Die Koalition einigte sich auf ein Modellprojekt für die TU Dresden. Die Uni darf, wenn das Gesetz nächstes Frühjahr in Kraft tritt, für drei Jahre als Arbeitgeber der rund 3000 Mitarbeiter im akademischen Mittelbau auftreten. „Alle Arbeitnehmerrechte und die Tarifbindungen bleiben dabei erhalten“, betont Ministerin Stange. Dies gelte auch für Neueinsteiger und die Mehrzahl der befristet Beschäftigten.
Ausgenommen sind jedoch die Professoren, die als Beamte weiter dem Landesrecht unterliegen. Dem Wunsch, Spitzenforscher für Spitzengehälter engagieren zu können, bleiben damit enge Grenzen gesetzt. Dies Problem müsse künftig auf anderem Weg gelöst werden, sagt Stange.
Stimmt der Senat der TU zu – wovon nach bisherigen Forderungen ihres Rektors auszugehen ist – kann das Modellprojekt starten. Die Hochschule kann dann vor allem ihre Stellenpläne flexibler und zügiger auf neue Forschungsentwicklungen ausrichten als bisher. Auch höhere Gehälter sind generell möglich. Gelingt es ihr, die Arbeitgeberrolle auszufüllen und hochkarätigen Nachwuchs zu gewinnen, darf die TU nach drei Jahren aus den Tarifbindungen aussteigen. Auch andere Unis könnten dann in den Genuss kommen, ihre eigenen Dienstherren zu werden.
Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), der volle Personalautonomie verlangt hatte, nannte den Kompromiss „den entscheidenden Sprung in die richtige Richtung“. CDU-Wissenschaftspolitiker Roland Wöller sagte, die TU solle den Durchbruch an die bundesweite Spitze schaffen. Die Union hätte sich aber mehr Freiheiten für mehr Unis gewünscht.
Das Gesetz schreibt auch eine Absage an Studiengebühren fest. Zudem sollen die Hochschulführungen mit einer Abschaffung des Konzils, einer Stärkung des Rektorats und mit Globalhaushalten schneller agieren können. Die FDP nennt das Gesetz jedoch eine „Mogelpackung“. Der Schritt zu echter Eigenverantwortung der Hochschulen sei verfehlt. Auch für die Grünen ist das Gesetz „ein dürftiges Ergebnis“. Es drohe, an der alltäglichen Umsetzung zu scheitern.
Von SVEN HEITKAMP