Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 02.08.2007

Stasi-Vorwurf – Handwerkskammerpräsident Dirschka wehrt sich

Birthler-Behörde erkennt Mitarbeit „gleichwertig zu einem IM“ - Überprüfungen für Amt im MDR-Rundfunkrat ohne Ergebnis
 
Leipzig. Für die Stasiunterlagenbehörde ist Joachim Dirschka, der Präsident der Handwerkskammer Leipzig, ein Mitarbeiter des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Dies lasse sich mit Unterlagen belegen, die von der Birthler-Behörde herausgegeben wurden. Obwohl er keine Verpflichtungserklärung unterschrieben habe, gelte er „im Sinne des Stasi-Unterlagengesetzes als Mitarbeiter“, sagt Regina Schild, Leiterin der Außenstelle Leipzig. Dirschka ist von dem Vorwurf überrascht. „Ich habe keine Verpflichtungserklärung unterschrieben, niemanden denunziert und keine Berichte geschrieben“, erklärt der 65-Jährige gegenüber dieser Zeitung.

Über Dirschka gibt es bei der Birthler-Behörde eine Akte über eine operative Personenkontrolle, die 1986 angelegt wurde, und eine so genannte IM-Vorlaufakte, die 1989 angelegt wurde. Dabei sollte seine Eignung für eine Anwerbung als Informeller Mitarbeiter (IM) festgestellt werden. Dirschka war damals Vorsitzender der PGH (Produktionsgenossenschaft des Handwerks) Elektroinstandsetzung Leipzig. Diese wurde mit Handwerksarbeiten in der Leipziger Stasi-Zentrale am Dittrichring beauftragt. Dirschka und seine Mitarbeiter mussten sich zur Geheimhaltung verpflichten und galten als Haushandwerker. „Seine Mitarbeit geht über die Tätigkeit als Haushandwerker und PGH-Vorsitzender hinaus“, schätzt Regina Schild ein. Sein Verhalten sei „gleichwertig zu einem IM zu betrachten“. Sie verweist auf den Paragrafen 6 des Stasiunterlagengesetzes. Darin heißt es: „Inoffizielle Mitarbeiter sind Personen, die sich zur Lieferung von Informationen an den Staatssicherheitsdienst bereiterklärt haben.“

Als Beweis diene eine Aktennotiz, die auf mehrere Kontaktgespräche verweist. Darin schreibt ein Stasi-Oberleutnant Haupt Dirschkas Äußerungen über dessen Partei, die CDU, die Ereignisse an der Nikolaikirche und eine BRD-Reise nieder, bei der er einen ehemaligen DDR-Bürger wiedertraf. In dem Papier ist von „Vertrauensverhältnis“ die Rede. Zudem wurde festgestellt, „dass er bei internen Informationen über seine Partei sehr zurückhaltend ist“. Und: „Er brachte zum Ausdruck, dass sich die CDU von den Ereignissen an der Nikolaikirche distanziert.“ Zugleich finden sich in der Aktennotiz Aussagen des bundesdeutschen Freundes über die Fluchtwelle aus der DDR.

Dirschka weist die Vorwürfe zurück. „Natürlich haben wir als Haushandwerker mit denen geredet.“ Er sei auch einmal gefragt worden, ob er bei der Stasi mitarbeiten wolle, darauf habe er gesagt: „Nein, das mache ich nicht.“ Der Handwerkskammerpräsident verweist darauf, dass er mehrfach auf Stasi-Mitarbeit überprüft wurde. Nach seiner Wahl in den Rundfunkrat des MDR 1992 „erfuhr ich von der IM-Vorläuferakte und fragte ,Was ist das?‘“. Da erfuhr er auch, dass für ihn der Deckname „Vorsitzender“ verwendet und er beschattet worden war. „Ich habe niemanden denunziert. Ich bin denunziert worden. Die Spitzelberichte über mich füllen einen ganzen Ordner.“ Er habe nicht mit denen kooperiert, sondern selbst den Kopf in der Schlinge gehabt. Die Tante, die er als Grund für seine Westreise anführte, sei nämlich erfunden gewesen.
Andreas Friedrich