Karl Nolle, MdL
Leser e-mail an Karl Nolle, 01.10.2000
Ihre Stellungnahme zum Abgeordnetenverhalten
e-mail von J. Schubert, 08294 Loessnitz
Sehr geehrter Herr Nolle,
endlich einmal ein Mann, der mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält und den pensionsgeilen Abgeordneten aller Fraktionen den Spiegel vorhaelt.
Es ist doch wirklich so, wie Sie sich ausgedrueckt haben. Die meisten Abgeordneten sitzen ihre Zeit ab, um dann schoene Pensionen zu bekommen. Bestes Beispiel die beiden CDU-Abgeordneten aus meinem Wahlkreis Aue-Schwarzenberg (Frau Schönfeld und Herr Colditz). Viel bewegt haben diese beiden Abgeordneten noch nicht.
Leute wie Sie, Herr Nolle, sind gefordert, auch frischen Wind in die SPD-Fraktion zu bringen und ueberhaupt die SPD aus ihrem Tief herauszuholen. Mit der farblosen Frau Krehl wird dies nicht gelingen. Schon eher mit Leuten wie Ihnen oder dem Leipziger Oberbuergermeister Tiefensee.
Lassen Sie sich nicht von Polemik Ihrer Abgeordnetenkollegen einschuechtern, sondern gehoeren Sie zu den Leuten, die Sachsen voranbringen. Als Seiteneinsteiger aus der Wirtschaft haben Sie dazu beste Voraussetzungen.
Ich wuensche Ihnen alles Gute bei Ihrer Arbeit. Bitte bestaetigen Sie meine E-Mail.
Mit freundlichen Gruessen
Joachim Schubert
ANTWORT AN HERRN SCHUBERT
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Lieber Herr Schubert,
vielen Dank für die aufbauenden Worte. Ich kann ja subjektiv viele Abgeordnete und Funktionsträger verstehen, wenn sie an sich selber denken. Aber leider ist dies manchmal zu einem Strukturproblem des Parlaments und der Arbeit von Parteien geworden. Ich hoffe mit meinen, zugegeben natürlich provokativen Thesen, Denkanstöße zu geben, die positiv nachwirken.
Bitte tun Sie Constanze Krehl nicht unrecht. Sie kann auch nicht, in kurzer Zeit, 10 Jahre Übungarbeiten (teilweise notwendige) in Sachen Politik im Land, überspringen. Und wird sie denn von genügend Leuten im Lande tatsächlich tatkräftig und uneigennützig unterstützt?
Die Schere in Nonprofitunternehmen, wie Parteien und Gewerkschaften, zwischen Anspruch und Notwendigkeit nach professioneller Arbeit auf der einen Seite und ehrenamtlicher, idealistischer Freizeitarbeit, von nichtprofessionellen, eben Laien oder auch wohlmeinenden Dilettanten auf der anderen Seite, ist einer der größten heutigen Organisationswidersprüche. Daß jemand für seine politische Arbeit bezahlt wird ist ja nicht unbedingt in jedem Fall der Beweis, daß er es auch professionell macht.
Richtig ist, und das wünsche ich mir auch: Es ist an der Zeit, daß alle klugen Köpfe, egal ob Rechts oder Links, Ost oder West, Leipziger oder z.B. Dresdner, Alt oder Jung an einen Tisch müssen. Und ohne Verfolgungsängste, ohne Neid, Mißgunst und ohne Harmoniegesülze über den besten Weg und die besten Personen zu streiten. Dazu ist auch ein offenes Verhältnis zu den eigenen Fehlern notwendig und eine Analyse der eigenen (kurzen) Geschichte.
Wir brauchen mutige Leute und Positionen, mit denen wir den politischen Gegner permanent unter Druck setzen können.
Gurkenhälse und Hasenfüße sind dafür nicht geeignet. Wer den mutigen, aktiven Kampf gegen die schwarze Mehrheit will, muß die Unbequemlichkeit kritischer Stimmen in der eigenen Partei inkaufnehmen, ja er muß dort zu allererst die kämpferischen Talente heranbilden. Wir sind jedenfalls nicht zur Selbstbeweihräucherung angetreten. Der Wähler hat eine feine Sensibilität dafür.
Wie lautete ein Transparent der Leipziger Montagsdemos 1989: "Für die Rückkehr des Leistungsprinzips in Politik, Gesellschaft und in die Wirtschaft".
Das setzt natürlich auch eine gewisse innere Unabhängigkeit voraus.
Ich biete mich mit meinen Positionen, Fähigkeit und Erfahrungen an. Das Angebot kann, muß aber nicht angenommen werden.
Schöne Grüße aus dem schönen Dresden
Ihr KARL NOLLE, MdL