Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 24.08.2007

Landesbank-Chef für Kapitalmarkt gibt auf

Sachsen-LB-Vorstand Stefan Leusder war auch für die Banktochter in Dublin verantwortlich.
 
Dresden/Leipzig. Der erste Topmanager geht von Bord: Der bei der Landesbank Sachsen (Sachsen-LB) für Kapitalmarktgeschäfte verantwortliche Vorstand Stefan Leusder wird das Geldhaus mit „sofortiger Wirkung“ verlassen. Das teilte gestern die Sachsen-LB in Leipzig mit. Die Bank war vor einer Woche wegen spekulativer Wertpapiergeschäfte in Geldnot geraten und musste mit einem 17-Milliarden-Euro-Kredit gestützt werden.

Leusder war vor nicht einmal zwei Jahren geholt worden. Er sollte sich vor allem um das Auslandsgeschäft kümmern – einschließlich dem der Sachsen-LB Europe plc. in Dublin. Diese Konzerntochter steuert das internationale Kapitalmarktgeschäft der Leipziger – und verursachte das Liquiditätsdebakel.

Bevor Leusder 2005 zur Sachsen-LB stieß, war er 33 Jahre lang für die Westdeutsche Landesbank (West-LB) tätig gewesen: in Münster, New York, Luxemburg, Hongkong, Tokio, Singapur, Düsseldorf und Frankfurt am Main. Wegen dieser langjährigen Kenntnis der Landesbank in Düsseldorf war Leusder wesentlich an den Kooperationsgesprächen mit der West-LB beteiligt. Ein Landesbanker in Leipzig wertete Leusders Abgang daher als „weiteren Rückschritt auf der Suche nach einem strategischen Partner“.

Ex-Dublin-Chef bei Apo-Bank

Der 52-Jährige war zudem Aufsichtsrat bei Sachsen-LB-Beteiligungen: so bei der Strombörse EEX in Leipzig, der Wertpapierhandelsbank Quirin in Berlin, dem Immobilienspezialisten Sachsen-Fonds in München und dem Spezialfinanzierer East Merchant in Düsseldorf.

Leusder hatte selbst um seine Abberufung gebeten. Sachsens Finanzminister Horst Metz (CDU), die Anteilseigner und der Verwaltungsrat stimmten zu. Sein Vertrag endet laut Bank am 30. September. Nach Bekanntwerden des Rücktritts forderte Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) schnellstmöglich eine Sondersitzung des Kabinetts. Der FDP-Fraktion reicht Leusders Abschied nicht. Die Risikogeschäfte könne man nicht nur an einem Kopf festmachen, sagte ihr parlamentarischer Geschäftsführer Torsten Herbst. Vor der Sondersitzung des Landtags-Finanzausschusses am kommenden Mittwoch reichte die Opposition mehr als 100 Fragen an die Staatsregierung ein; 81 davon stammen allein von der Linken.

Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, dass das Engagement der Sachsen-LB auf dem US-Immobilienmarkt 65 Milliarden Euro betragen könne. In den Wertpapier-Paketen der Dubliner Tochter gebe es Beimischungen mit „Schrott-Immobilien“. Nach SZ-Informationen umfassen diese etwa drei Milliarden Euro. Nach Angaben der ARD handelte auch die Ärzte- und Apothekerbank (Apo-Bank) in großem Umfang mit denselben Papieren, die der Sachsen-LB zum Verhängnis wurden. Pikant: Verantwortlich dafür ist Vorstand Claus-Harald Wilsing – der war bis Ende 2005 Manager der Sachsen-LB in Dublin.

Postbank-Chef Wolfgang Klein räumte gestern ebenfalls ein, dass Millionenverluste „im niedrigen einstelligen Bereich“ durch das Engagement im US-Hypothekenmarkt entstehen könnten. Die Landesbank HSH Nordbank in Hamburg teilte mit, es gebe bei ihr fremdgemanagte Investments von 300 Millionen Euro, bei denen sich die Bank „nicht ganz so komfortabel“ fühle. (mit dpa/ddp)
Von Ulrich Wolf