Karl Nolle, MdL
ZDF Frontal 21, 28.08.2007
Die Zocker von der Staatsbank
Wie Politiker ihre Aufsichtspflicht vernachlässigen
Das Desaster um die angeschlagene Landesbank Sachsen hätte möglicherweise verhindert werden können. So deckte bereits vor zwei Jahren ein im Auftrag der Bundesfinanzaufsicht erstellter Prüfbericht mangelnde Kontrollmechanismen innerhalb der Sachsen-LB-Gruppe auf.
2005 hatten die Wirtschaftsprüfer von KPMG die irische Tochter SachsenLB Europe unter die Lupe genommen. Dabei stellten die Ökonomen schwere Mängel insbesondere beim Risikomanagement fest. Allein in ein einziges Anlagemodell mit dem Namen "Ormond Quay" steckte das Geldinstitut 17,7 Milliarden Euro.
Mangelnde Kontrolle
Die Prüfer bemängelten damals, die Konzernzentrale habe die Irland-Tochter nicht so kontrolliert, wie es deutsche Gesetze vorschreiben. Wörtlich heißt es in dem KPMG-Papier vom Juli 2005, das Frontal21 vorliegt: "Die ... Risiken werden durch das interne Kontroll- und Risikofrüherkennungssystem nicht den Anforderungen des ... Kreditwesengesetzes entsprechend überwacht und gesteuert."
»Eine Landesbank darf auf dem Weltmarkt nicht pokern.«
Karl Nolle, SPD MdL Sachsen
Doch die Warnungen der Prüfer wurden von den Verantwortlichen offenbar nicht ernst genommen. Nach Vorlage des Prüfberichtes steigerte die Landesbank die hochspekulativen Geschäfte in Dublin sogar noch. Für den wirtschaftspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im sächsischen Landtag, Karl Nolle, ein Skandal: "Eine Landesbank ist eine öffentlich-rechtliche Institution, die mit Steuergeldern arbeitet. Und das bedeutet, dass sie konservative Finanzgeschäfte machen kann, ohne großes Risiko, aber auf gar keinen Fall auf dem Weltmarkt pokern darf."
Schwere Vorwürfe gegen Milbradt
Angesichts der Fast-Pleite der sächsischen Landesbank spricht Nolle vom Versagen der Politik und erhebt schwere Vorwürfe gegen Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), früher Finanzminister von Sachsen: "Er ist verantwortlich für die Strategie dieser Bank, für den Strategiewechsel von einer Landesbank zu einer Kapitalmarktbank, die in der Vergangenheit noch unter seiner Regie angefangen worden ist."
Der mit Landes- und Kommunalpolitikern besetzte Verwaltungsrat der Sachsen LB sei seiner Aufgabe nicht gerecht geworden, sagt auch der Nürnberger Bankenexperte Prof. Dr. Wolfgang Gerke: "Mancher Landrat, mancher Minister ist froh um das Geld, das aus der Landesbank - wenn auch unter hohen Risiken - geflossen ist. Und da hat er vielleicht bewusst auch manchmal nicht hingeschaut, gesagt, es geht ja alles gut. Aber so kann man kein Bankgeschäft betreiben."
Verkauf mit schmerzhaften Folgen
Der Notverkauf der Sachsen LB an die baden-württembergische Landesbank wird schmerzhafte finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen - auch für die Landeshauptstadt Dresden, die regelmäßig Ausschüttungen erhielt: "Das sind 5,5 Millionen Euro, die fest eingeplant waren", erklärt Kommunalpolitiker Karl-Heinz Gerstenberg von den Grünen. "Die sollten wir bei einer kühlen Rechnung bereits jetzt streichen."
von Herbert Klar, Ulrich Stoll und Christian Rohde