Karl Nolle, MdL
Agenturen ddp-lsc, 18:24 Uhr, 04.09.2007
Weiter Krisenstimmung in Sachsen - Milbradt kündigt Kabinettsumbildung an
Opposition im Landtag dringt auf Neuwahlen
Dresden (ddp-lsc). Die Regierungskrise in Sachsen nach dem Finanzdebakel der Landesbank und einem Ministerrücktritt dauert an. Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) kündigte am Dienstag eine Kabinettsumbildung an. Der Regierungschef sagte, er sei der Auffassung, dass es für die zweite Hälfte der Regierungszeit einen Neuantritt im Kabinett geben müsse. Unterdessen sprachen sich neben Linksfraktion und FDP erstmals auch die Grünen im Landtag für Neuwahlen aus, um die regierende schwarz-rote Koalition abzulösen. Dadurch könne das Vertrauen in die Demokratie wieder hergestellt werden, sagte die Fraktionsvorsitzende Antje Hermenau.
Milbradt verdeutlichte, es sei wie beim Fußball, wo ebenfalls häufig zur zweiten Halbzeit Spieler ausgewechselt würden. Zur Zahl der Kabinettsposten, die neben dem des Finanzministers neu besetzt werden, sowie zum genauen Zeitpunkt der Regierungsumbildung wollte er keine Angaben machen. Milbradt betonte, wichtiges Ziel für die zweite Hälfte der Legislaturperiode sei die Umsetzung der Verwaltungs- und Funktionalreform. Derzeit ist Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) verantwortlich für das Vorhaben.
Zugleich mehrten sich angesichts der Regierungskrise nach dem Notverkauf der Sachsen LB und dem angekündigten Rücktritt von Finanzminister Horst Metz (CDU) Forderungen nach Neuwahlen. Hermenau sagte, Sachsen sei in einer Staatskrise. Dem Koalitionspartner SPD sei es «nicht gelungen, diese strukturellen Fehler aufzubrechen». Deshalb bedürfe es eines politischen Neuanfangs.
Der Chef der Linksfraktion, André Hahn, sagte, das Kabinett Milbradt sei «erschöpft und handlungsunfähig». Angesichts dessen seien Neuwahlen erforderlich. Er werde im Auftrage seiner Fraktion FDP und Grünen Gespräche über einen gemeinsamen Antrag auf vorzeitige Auflösung des Landtags mit dem Ziel von Neuwahlen anbieten.
FDP-Chef Holger Zastrow lehnte eine Unterstützung durch seine Fraktion ab. Zwar sei die FDP weiterhin für Neuwahlen, das «Kasperletheater der Linken» mache sie aber nicht mit. Die Linke wolle die Regierung im Parlament vorführen, erreiche damit jedoch genau das Gegenteil, «da sich die CDU-Reihen schließen».
CDU-Fraktionschef Fritz Hähle nannte den Vorstoß der Linken «billiges Schmierentheater».
Für eine Auflösung des Parlaments und anschließende Neuwahlen ist laut sächsischer Verfassung eine Zweidrittelmehrheit im Landtag nötig. Daher wäre die Opposition zur Durchsetzung eines solchen Antrags auf Stimmen der Regierungspartei CDU angewiesen, die 55 der insgesamt 124 Abgeordneten stellt.
Derweil erhielt Milbradt Rückendeckung aus seiner Partei. Der
CDU-Landesvorstand und die Kreisvorsitzenden schlugen ihn auf einer Sondersitzung einstimmig zur Wiederwahl als Landeschef auf dem Parteitag Mitte September vor. CDU-Landesvize, Kultusminister Steffen Flath, sprach sich unterdessen dafür aus, Milbradt auf dem Parteitag zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2009 zu küren.
(Quellen: Milbradt im ddp-Interview; Hermenau und Hähle in Mitteilung; Hahn und Zastrow in Mitteilungen und auf ddp-Anfrage; Flath in der «Sächsischen Zeitung» (Dienstagausgabe))
Von Alessandro Peduto
ddp/ape/fgr
041824 Sep 07