Karl Nolle, MdL
Lausitzer Rundschau, 21.12.2007
Heftige Debatte im Parlament / SPD auf Distanz zu Milbradt
Landtag segnet Bankverkauf ab
Dresden. Sachsens Landtag hat nach einer heftigen Debatte um die Verantwortung für das Debakel bei der Landesbank den Notverkauf nach Baden-Württemberg formell abgesegnet. In der Diskussion um eine Regierungserklärung ging Koalitionspartner SPD gestern deutlich auf Distanz zu Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU). Der politische Dispositionskredit des Ministerpräsidenten sei bis zum Anschlag ausgereizt, sagte SPD-Fraktionschef Martin Dulig.
Milbradt und sein Finanzminister Stanislaw Tillich (CDU), der zuvor eine Regierungserklärung zum Verkauf der Bank abgegeben hatte, warnten erneut vor voreiligen Schuldzuweisungen. Zunächst müssten die Vorgänge in der Bank untersucht werden, die nach Spekulationen auf dem US-Hypothekenmarkt vor der Schließung stand. Die Linksfraktion forderte Milbradt erneut vergeblich zum Rücktritt auf. „An uns wird eine vorgezogene Landtagswahl nicht scheitern, erklärte Fraktionschef André Hahn zu Beginn der Landtagssondersitzung.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende forderte den Regierungschef mit Blick auf die Weihnachtsfeiertage auf: „Herr Milbradt, nutzen Sie die besinnlichen Tage, um in Ruhe über ihre Verantwortung nachzudenken.“ Es könne nicht angehen, dass Milbradt die Verantwortung für das Desaster bei der Landesbank auf mehrere Schultern verteilen wolle.
CDU-Fraktionschef Fritz Hähle, der noch vor der Dulig-Rede indirekt die SPD mit für die Entwicklung bei der Landesbank in Haftung nahm, wies Angriffe der Opposition auf die Koalition zurück: „Eins wird es nicht geben, dass Sie mit ihren Debatten und Anträgen einen Keil in die Koalition treiben.“ FDP-Fraktionschef Holger Zastrow zufolge ist die Krise der Bank eine Krise der Regierung und inzwischen auch der CDU/SPD-Koalition. Er nannte den Verkauf der Bank „die größte Katastrophe in der sächsischen Geschichte“. Der Notverkauf der Bank könne nicht als Erfolg umgedeutet werden, so Zastrow. Er warnte die Staatsregierung: „Wagen Sie es nicht, sich als Retter aufzuspielen.“
Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau sagte, Milbradt sei zu einem Standortrisiko geworden. Sein Name stehe dafür, dass in Sachsen mit öffentlichen Mitteln nicht ordentlich umgegangen werde. Der frühere Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) habe wegen 66 Euro Sonderrabatt bei einem Warenhaus zurücktreten müssen, Milbradt habe hingegen „schon hunderte Millionen Euro verbrannt und Milliarden Euro könnten uns noch treffen“. „Zwischen 66 Euro auf der einen und Milliarden Euro auf der anderen besteht ein gewisses Missverhältnis. Das lässt sich nicht leugnen.“
Zuvor hatte der Finanzminister die umstrittenen Bedingungen für den Verkauf der Bank als alternativlos verteidigt, wenngleich die Lösung bitter sei. In der vergangenen Woche waren in einer nächtlichen Krisensitzung die Details des Verkaufs an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) ausgehandelt worden. Danach muss Sachsen eine Landesbürgschaft von 2,75 Milliarden Euro übernehmen. Als Kaufpreis wurden 328 Millionen Euro vereinbart. Die Bürgschaft steht bereits seit Mittwoch, nachdem der Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags für diese gestimmt hatte. Die Opposition verlangt einen Nachtragshaushalt und erwägt deshalb Verfassungsklage. (dpa/mb)