Karl Nolle, MdL

Stuttgarter Zeitung, 17.01.2008

Kommt es noch dicker für die Landesbank?

Vorstandschef der LBBW will so wenig Risiken wie möglich ausweisen
 
Bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) versucht man, wieder so etwas wie Normalität einkehren zu lassen. Die Kreditkrise, die immer mehr Banken erfasst, sei beherrschbar, heißt es. Dennoch steht fest: auch die größte Landesbank wird sichtbare Schrammen davontragen.

Selten wurden die Bilanzzahlen der LBBW mit so großer Spannung erwartet wie jetzt. Anfang oder Mitte März wolle die Landesbank ihr vorläufiges Ergebnis bekanntgeben, kündigt ein Sprecher an. Die jüngst übernommene SachsenLB hat noch keinen Termin festgelegt, an dem sie über das vergangene Jahr berichten will. Mit dem Kauf der kurz vor der Pleite stehenden SachsenLB hat die LBBW milliardenschwere risikobehaftete Engagements in die eigenen Bücher genommen.

Es darf also spekuliert werden: Belasten die Verwerfungen an den Finanzmärkten die ertragsstärkste Landesbank stärker als bisher bekannt? Ende November vergangenen Jahres hatte das Institut nach langem Zögern bekanntgegeben, dass im eigenen Haus Kursverluste von 800 Millionen Euro zu Buche schlagen - was allerdings nicht mit einem bleibenden Verlust gleichzusetzen ist, weil sich der Markt wieder zugunsten der Bank drehen könnte.

Wegen der verdrucksten Kommunikation hagelte es in der Öffentlichkeit Kritik. Kunden waren erschrocken, als "ihre" LBBW zusammen mit der heftig gebeutelten IKB in der "Tagesschau" erwähnt wurde. Diese Informationspanne hätte die LBBW vermeiden können, wenn sie die Neunmonatszahlen und die besagten 800 Millionen Euro kommuniziert hätte, bevor die Spekulationen überhandgenommen haben. Erst als es gar nicht mehr anders ging, gab die LBBW Zahlen für die ersten neun Monate 2007 heraus - demnach lag das Ergebnis vor Steuern mit 656 Millionen Euro um knapp 15 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Eine Wende ist für die betroffenen Banken nicht in Sicht.

Kommt es jetzt also noch dicker für die LBBW? Im schlimmsten Fall, so schätzen Kenner des Instituts, ginge ein kompletter Jahresüberschuss durch die Finanzmarktkrise verloren. Wenn dies der Fall sein sollte, sähe es aber für die Konkurrenten der LBBW noch viel düsterer aus. Andere Beobachter malen nicht ganz so schwarz. Die Belastungen könnten sich im schlimmsten Fall bis zur Hälfte eines Jahresüberschusses addieren. Für 2006 weist die LBBW einen Gewinn nach Steuern von 828 Millionen Euro aus.

Aufmerken lässt, dass führende Vertreter der Bank öffentlich in Abrede stellen, dass das Institut in die roten Zahlen rutschen könnte. Im Interview mit der Stuttgarter Zeitung betonte der Verwaltungsratsvorsitzende Peter Schneider vor wenigen Wochen, dass die Bank "weit davon entfernt ist, rote Zahlen zu schreiben". Ähnlich äußerte sich Vorstandschef Siegfried Jaschinski zu Jahresbeginn gegenüber einer anderen Zeitung. Beteuerungen, die noch vor kurzem zu ungläubigem Staunen beim Publikum geführt hätten. Doch der Wind hat sich auch bei den Landesbanken gedreht, die WestLB hat bereits einen Millionenverlust für 2007 angekündigt, und auch bei der BayernLB warten Beobachter gespannt, welche Hiobsbotschaften noch zu vermelden sein werden.

Gegenwärtig laufen zwischen den LBBW-Experten und den Wirtschaftsprüfern von Pricewaterhouse Coopers intensive Gespräche, wie die Bilanz für 2007 im Einzelnen aufgestellt werden soll. Insider berichten, dass es hart zur Sache gehe. Der Vorstandsvorsitzende sei nicht erpicht darauf, dass die Bank zu viel an Belastungen ausweise, die Wirtschaftsprüfer hätten da eine andere Meinung. Auch die möglichen Folgen der SachsenLB-Übernahme versuche Jaschinski herunterzuspielen, so ist zu hören. Deshalb sähen mehrere Vorstandsmitglieder seinen Kurs zunehmend kritisch. Wenn er nicht aufpasse, drohe er wichtige Verbündete zu verlieren.

Nach den für das abgelaufene Jahr zum ersten Mal angewandten Bilanzierungsregeln IFRS müssen Wertpapierkurse zu Marktpreisen bewertet werden. Sie beeinflussen deshalb die Bilanz stärker, als es unter einem Abschluss auf Basis des Handelsgesetzbuchs (HGB) der Fall war. Umgekehrt werden Vermögenswerte, zum Beispiel Immobilien, auch zu Marktpreisen bewertet, so dass ein gewisser Ausgleichseffekt gegeben ist.

Die Landesbank sei gerade dabei, ihre Rolle neu zu definieren, nachdem sich nacheinander die Fusionsoptionen mit der Münchner BayernLB und der Düsseldorfer WestLB zerschlagen haben, heißt es in der Branche. Mit Verwunderung werden dabei die jüngsten Interviews von Vorstandschef Siegfried Jaschinski mit den "Stuttgarter Nachrichten" und dem "Handelsblatt" kommentiert. Man stoße in Baden-Württemberg an die Grenzen des Wachstums, hatte der LBBW-Chef eingeräumt. Deshalb sei es zwingend, dass die Landesbank andere Institute übernehme. Gleichzeitig hob Jaschinski die Vermögensverwaltung und das Private Banking als noch nicht ausgeschöpftes Geschäftsfeld hervor. Darin sehe man die Zukunft des Instituts. Bedeutet das eine Abkehr von den angestammten Aktivitäten - dem breiten Privatkunden- und Unternehmenskundengeschäft sowie den Kapitalmarktaktivitäten? Nein, keineswegs, heißt es in Kreisen der LBBW. Die Ankündigungen seien eher als Profilierungsversuch Jaschinskis zu werten, der nach den gescheiterten Expansionsplänen nun neue Akzente setzen wolle.
Von Andrea Gregor
aktualisiert: 17.01.2008 06:13 Uhr