Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 31.03.2008

„Milbradt muss sich erklären“

SPD-Generalsekretär Dirk Panter fordert, Sachsens CDU-Ministerpräsident soll seine Verantwortung in der Bankaffäre prüfen.
 
Herr Panter, in der SPD gibt es nicht nur kritische Stimmen zur Landesbank-Affäre. Jetzt erhebt sich Protest, weil Sachsens Ministerpräsident und CDU-Chef Georg Milbradt einem umstrittenen Parteifreund das Bundesverdienstkreuz überreicht hat.

Nicht irgendeinem Parteifreund, sondern dem früheren CDU-Landtagsabgeordneten Volker Schimpff aus Leipzig. Der Mann ist seit Jahren für seine derben Sprüche bekannt und hat ein vorsintflutliches Demokratie- und Freiheitsverständnis. Schimpff bewegt sich nicht zuletzt in Kreisen, die klar rechtsnational ausgerichtet sind. Dass er für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen wurde, erfolgte ohne unser Einverständnis als Koalitionspartner. Wir hätten dem auch niemals zugestimmt.

Was glauben Sie, weshalb die SPD bei dieser Entscheidung außen vor geblieben ist?

Bei dem Alleingang von Milbradts Staatskanzlei handelt es sich doch um ein sehr durchsichtiges Manöver. Man will damit vor allem die Reihen der CDU festigen. Und dafür tut man eben auch mal Herrn Schimpff etwas Gutes. Es ist ja bekannt, dass die Christdemokraten zurzeit nicht im ruhigsten Fahrwasser unterwegs sind. Die Staatskanzlei betreibt daher eine klare Strategie, frei nach dem Motto, kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Natürlich sollen in Zukunft auch die CDU-Landtagsabgeordneten, zu denen Schimpff als Nachrücker bald wieder gehören könnte, treu zur Sache stehen.

Und das funktioniert?

Das werden wir unter anderem in zwei Tagen sehen, wenn die Vernehmung des Ministerpräsidenten vor dem Untersuchungsausschuss, der die Vorgänge um den Notverkauf der Landesbank prüfen soll, abgeschlossen ist. Allerdings hat man es auf diese Weise durchaus geschafft, unzufriedene CDU-Mitglieder erst einmal zu beruhigen.

Also macht Milbradts Führungszirkel in der aktuellen Krisensituation nicht alles falsch?

Die Frage ist doch, woran liegt es, dass zurzeit Ruhe herrscht? Gibt es in der CDU einfach niemanden, der sich aus den Startlöchern wagt oder ist die Staatskanzlei mit ihrer Strategie des Aussitzen eines Problems wie der Landesbank tatsächlich erfolgreich? Meiner Meinung nach ist die sächsische CDU an dieser Stelle einfach nur schwach.

Indirekt hat das kürzlich auch Sachsens CDU-Generalsekretär bestätigt, als dieser meinte, man könne nur über Alternativen zu Milbradt reden, wenn man auch welche hat?

Es gibt in der CDU sicherlich Personen, die sich als Alternative zur Verfügung stellen würden. Die wissen aber auch, wer sich zu früh aus der Deckung wagt, der wird politisch verbrannt. Ich denke, sie halten sich deshalb bedeckt.

Sie erwähnten den heute tagenden Untersuchungsausschuss im Landtag. Muss die SPD nicht befürchten, dass der Ministerpräsident dort auch auf die Verantwortung von SPD-Spitzengenossen für die Probleme der Landesbank verweist?

Zunächst erwarten wir, dass vor allem Herr Milbradt wie von ihm angekündigt zur Aufklärung zur Verfügung stehen wird. Immerhin ist der Untersuchungsausschuss das richtige Gremium, um politische Verantwortung deutlich zu machen. Das wird für uns besonders spannend. Dabei haben wir uns nicht zu verstecken. Die SPD fordert schon seit Längerem, die entsprechenden Protokolle zur Landesbank öffentlich zu machen. Wir haben nichts zu verbergen. Das gleiche trifft auf unseren Landesvorsitzenden und hiesigen Wirtschaftsminister Thomas Jurk zu. Auch er hat nichts zu verbergen.

Ministerpräsident Milbradt sollte also nicht auf andere verweisen, wenn er heute vor dem Ausschuss in Bedrängnis gerät?

Das wäre ein plumpes Ablenkungsmanöver. Wer in guten Zeiten alles besser wusste und in schlechten Zeiten von nichts gewusst haben will, muss sich eher fragen lassen, wie weit es mit seiner eigenen Verantwortung her ist. Das Bild vom Finanzgenie Milbradt lässt sich jedenfalls nur noch schwer aufrecht halten. Entweder er hat von allem nichts gewusst, das wäre schlecht für einen Experten. Oder er wusste Bescheid und stiehlt sich jetzt einfach nur aus der Verantwortung.
Das Gespräch führte Gunnar Saft