Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 07.04.2008

Druck auf Milbradt wächst: „Das wird er uns erklären müssen“

 
In der CDU sorgen die neuen Vorwürfe gegen den Regierungschef für Unruhe. Auch der Koalitionspartner SPD geht deutlich auf Distanz.

Die umstrittenen Privatgeschäfte, die CDU-Ministerpräsident Georg Milbradt mit der inzwischen notverkauften Landesbank abschloss, haben den Ton in der Regierungskoalition rauer werden lassen.

Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle, der Milbradt am Dienstag im Untersuchungsausschuss des Landtages erstmals ein entsprechendes Eingeständnis abrang, legte jetzt nach. Jeder könne sich nun selber ein Bild über die Moral der politischen Elite Sachsens machen, wetterte Nolle. „Die christliche Kategorie Demut ist hier schon lange abhanden gekommen.“

Milbradts Sprecher Peter Zimmermann, der die Vorwürfe gegen seinen Chef am Wochenende wortreich als absurd abtat, keift nun zurück. „Das ist das Nachtreten eines verbitterten Loosers.“ Gleichzeitig segnet er Milbradts lukratives Investment bei der Landesbank mit dem Hinweis ab, dass es doch schön sei, wenn der Regierungschef sein privates Geld im eigenen Land anlegt und nicht anderswo.

Rückzug der Parteifreunde

Verhindern konnten Zimmermann und Co. damit aber nicht, dass seit Tagen unter vielen CDU-Verantwortlichen die Nervosität zunimmt. Bereits am Donnerstag musste die Staatskanzlei zu dem Finanzgeschäft aufgrund einer Anfrage des Magazins „Spiegel“ erstmals Stellung nehmen. Noch bevor das Blatt die Details öffentlich machte, bastelte man im Regierungslager schon an entkräftenden Pressemitteilungen. Bis Freitagabend wollte dabei auch die CDU-Landtagsfraktion die Staatskanzlei unterstützen. Am Sonnabend, als die Sache über die Medien publik wurde, fand man aber nur wenige Worte. Der CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss, Günther Schneider, erklärte einsilbig, Milbradt habe bereits alle Fragen schlüssig beantwortet. Fraktionschef Fritz Hähle teilte lapidar mit, Milbradt werde die Sache sicher ausräumen. Solidarität unter Parteifreunden sieht anders aus.

Offenbar war beiden Politikern nicht entgangen, dass der Fall zu dem Zeitpunkt auch schon in den eigenen Reihen hohe Wellen schlug. In der Fraktion herrsche eine Situation wie auf einem Pulverfass, lässt sich ein CDU-Abgeordneter anonym zitieren. Ein anderer erklärte unter vorgehaltener Hand: „Ich hoffe, er nimmt seinen Hut und geht.“ Gemeint war Milbradt.

Stellungnahme angekündigt

Offene Kritik schlägt Milbradt aus seiner Partei – wie so oft in solchen Fällen – aber noch nicht entgegen. Allein der nicht als zimperlich bekannte Ex-Minister Matthias Rößler wird deutlicher. „Die persönliche Integrität von Georg Milbradt stand für uns bisher nicht infrage. Aber das wird er uns erklären müssen“, mahnte Rößler am Sonntag. Abhaken kann der Regierungschef die Angelegenheit damit nicht.

Zumal auch der Koalitionspartner SPD auf Distanz geht. Die Sozialdemokraten verzichteten am Wochenende darauf, für Milbradt eine Ehrenerklärung abzugeben. Eine solche Bitte sollen zuvor CDU-Kreise an die Sozialdemokraten herangetragen haben. Stattdessen erhöhte das am Sonnabend tagende SPD-Präsidium den Druck. An der Runde nahmen neben Vize-Ministerpräsident und SPD-Landeschef Thomas Jurk auch Bundesminister Wolfgang Tiefensee und die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig teil. „Ich erwarte, dass Herr Milbradt zu der Sache Stellung nimmt“, erklärte Jurk gegenüber der SZ selbst dann noch, nachdem das Umfeld von Milbradt die Forderung des Koalitionspartners bereits offiziell abgelehnt hatte.

Dass es ohne ein paar klare Worte aber nicht geht, hat man in Milbradts Team inzwischen verstanden. Nun ist geplant, dass er am Mittwoch auf einer turnusmäßigen Sitzung der CDU-Landtagfraktion das Reizthema anspricht. Ob zur Zufriedenheit seiner Parteifreunde oder nicht, muss man abwarten.
Von Gunnar Saft