Karl Nolle, MdL

Agenturen, ddp-lsc, 18:22Uhr, 11.04.2008

Koalitionskrise in Sachsen hält an - SPD-Erklärung reicht CDU nicht aus

Jurk spricht von «Aufklärungsproblem» der Union
 
Dresden (ddp-lsc). Die Koalitionskrise in Sachsen wegen der privaten Finanzgeschäfte von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) mit der Sachsen LB dauert an. Zwar bekannte sich SPD-Chef Thomas Jurk am Donnerstag in Dresden zum Bündnis und entsprach damit indirekt der Forderung von CDU-Fraktionschef Fritz Hähle vom Vortag. Zugleich attestierte der Vize-Regierungschef jedoch der Union ein «Aufklärungsproblem». CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer nannte Jurks Reaktion «keinen Beitrag zur Problemlösung».

CDU-Fraktionschef Fritz Hähle hatte die SPD am Mittwoch zu einer Erklärung bis kommenden Dienstag aufgefordert, ob sie «weiter opponieren» oder mit der Union regieren wolle. Dieses Ultimatum wies Jurk als «durchsichtiges Ablenkungsmanöver» und «Zeichen der Schwäche» zurück. Wer wirklich die Interessen des Freistaates im Blick habe, «kann nicht ernsthaft mit dem Bruch dieser Koalition spielen», sagte der SPD-Chef mit Blick auf die schwierigen Mehrheitsverhältnisse im Landtag.

Er gehe davon aus, dass die CDU das Gespräch suchen werde und «wieder zur normalen politischen Arbeit und damit zu Sachthemen zurückkehrt». Die SPD habe das Bündnis mit der CDU nicht in Frage gestellt. Seine Partei «hat kein Koalitionsproblem, sondern die CDU hat ein Aufklärungsproblem».

Anlass der Koalitionskrise waren die vor wenigen Tagen bekanntgewordenen privaten Kreditgeschäfte von Milbradt und seiner Ehefrau mit der Sachsen LB. Die SPD hatte daraufhin vom Regierungschef eine persönliche, öffentliche Erklärung gefordert. Dies wird von Staatskanzlei und Union bislang abgelehnt.

Er gehe indes weiter davon aus, dass sich Milbradt erklären werde, sagte Jurk nun. Darauf reagierte CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer mit Unverständnis. Jurk sei von Milbradt auch in Vier-Augen-Gesprächen mehrfach über Details der Fondsgeschäfte informiert worden. Der Regierungssprecher habe die Öffentlichkeit informiert. Darüber hinaus müsse für Milbradt gelten: «Auch ein Spitzenpolitiker hat ein Recht auf eine Privatsphäre.»

Jurk zufolge besteht in der Angelegenheit hingegen ein «berechtigtes» öffentliches Interesse: «Nicht alles, was legal ist, ist auch legitim. Ich hätte das Geschäft nicht gemacht.» Dass Milbradt weiterhin Ministerpräsident einer CDU/SPD-Koalition bleibe, nannte Jurk unter Verweis auf dessen offenkundig bestehenden Rückhalt in der CDU-Landtagsfraktion «im Moment vorteilhaft».

Milbradt selbst will inzwischen von einer Fristsetzung an den Koalitionspartner offenbar nichts mehr wissen. Es gebe «kein Ultimatum». Auf einer Tagung des Sächsischen Landkreistags sprach er davon, dass es «in jeder Ehe» einmal «kracht».

Kretschmer verlangte indes, dass «die Angriffe von Teilen der Sozialdemokraten auf die Union und deren Spitzenpolitiker» ein Ende haben müssten. Die CDU lege zwar keinen Wert auf «Treueschwüre und Entschuldigungen». Die SPD müsse sich jedoch in den kommenden Wochen «an Taten messen lassen». Am kommenden Donnerstag debattiert der Landtag auf Antrag der Linksfraktion über «Die Landesbank, den Ministerpräsidenten und die Steuerzahler».

SPD-Bundespräsidiumsmitglied Christoph Matschie hält Milbradt indes für «das Problem der Koalition in Sachsen». Dagegen versicherten die Generalsekretäre im Bund, Ronald Pofalla (CDU) und Hubertus Heil (SPD), ihren Landesverbänden den Rückhalt für die Fortführung der Koalition. Über diese Haltung verständigten sich offenbar auch die Parteichefs Angela Merkel (CDU) und Kurt Beck (SPD) in einem Gespräch.

(Quellen: Kretschmer im ddp-Interview; Milbradt in den «Dresdner Neuesten Nachrichten»; Heil in «Sächsische Zeitung»; Pofalla und Matschie in «Leipziger Volkszeitung» (Freitagausgaben))
Von Tino Moritz

ddp/tmo/muc
101822 Apr 08