Karl Nolle, MdL
Frankfurter Rundschau, 12.04.2008
Der Dreck der anderen
Warum CDU und SPD in Sachsen zusammenbleiben
Als Sachsens letzter König 1918 abtrat, soll er seinem Volk nachgerufen haben: „Macht doch Euern Dreck alleene." Sachsens SPD, umtriebiger Juniorpartner in einer CDU-Regierung unter Ministerpräsident Georg Milbradt, sieht es ähnlich wie einst der König: Ihren Dreck solle die CDU doch bitte schön alleene machen. Nur gehen tut sie nicht.
Es liegen aufregende Tage hinter Deutschlands übellaunigster Landesregierung. Weil ausgerechnet ein SPD Abgeordneter namens Karl Nolle in einem Untersuchungsausschuss zum Untergang der sächsischen Landesbank in den privaten Kreditgeschäften Milbradts wühlte, war dem angeschlagenen Regierungschef kürzlich der Kragen geplatzt. Er donnerte Wirtschaftsminister und SPD-Chef Thomas Jurk im Kabinett zusammen und ließ nach außen dringen, Jurk habe nur noch „gestammelt". Die CDU-Fraktion stellte dem Koalitionspartner SPD samt ihrem Ministerpräsidentenquäler Nolle ein Ultimatum: Entweder regieren oder opponieren. Beides geht nicht.
Am Mittwoch sah es einen Augenblick so aus, als würde die SPD aussteigen. Auch in der CDU-Fraktion wollten einige den endgültigen Bruch. Aber dann bekamen es alle Beteiligten mit der Angst zu tun. Wie sollte es weitergehen? SPD, Linke, Grüne gegen CDU, FDP – und NPD? Außerdem machten die Parteizentralen in Berlin den Streithähnen Dampf. Die CDU ließ hastig erklären, ihr Ultimatum sei gar keins. Und die SPD rang sich zur Haltung des alten Königs Friedrich August III. durch: Soll sich doch die CDU mit Milbradt und seinen Kreditgeschäften herumschlagen und ihren Dreck alleene machen. Die SPD werde an der Koalition festhalten, sagte Wirtschaftsminister Jurk. Ansonsten bleibt es beim Regieren und Opponieren in einem: Nolle darf weiter am Ministerpräsidenten sägen. Wenn Milbradt weitermache, sei das nicht „unvorteilhaft", so Jurk.
Die SPD macht es ganz wie die Linkspartei: Die fordert einmal die Woche Milbradts Rücktritt – und schickt heimlich Stoßgebete gen Himmel, er möge noch lange weiterwursteln. Auf dass die Wähler ihn dann 2009 endlich aus der Dresdner Staatskanzlei holen.
Von Bernhard Honnigfort