Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 15.04.2008

Der Stil der Politik wird sich ändern, die Politik selbst nicht

Uwe Vetterick über den Wechsel an der Spitze des Freistaates
 
Das Ende kam überraschend, aber es kam nicht unerwartet. Seit gestern ist klar: Die Ära Milbradt ist vorüber. Nein, Demokratie ist nicht gerecht. Schon gar nicht, wenn es um Politiker-Leistungen geht. Georg Milbradt ist ein Beispiel dafür. Er ersparte (im wirklichen Sinne dieses Wortes) Sachsen die Schuldenlast anderer Bundesländer – egal. Milbradt machte Sachsen zum deutschen Spitzenreiter beim Wirtschaftswachstum – egal. Milbradt gelang es tatsächlich, eine Landesbank zu verkaufen, die vor dem Zusammenbruch stand – egal. Harte Fakten zählen heute wenig im politischen Geschäft. Dies ist bitter für einen wie Milbradt, der intellektuell vielen in diesem Geschäft überlegen ist.

Demokratie ist launisch. Sie ist ein Geschäft mit Stimmungen. Wer die nicht spürt, der hat ein Problem als Politiker. Auch dafür ist Georg Milbradt ein Beispiel. Er spürte zu selten die Stimmung der Menschen im Lande – und verlor spektakulär 16 Prozent bei seiner einzigen Landtagswahl. Er spürte zu selten die Stimmung bei seinem Koalitionspartner SPD – und verlor dessen Vertrauen. Zuletzt spürte Milbradt offenbar nicht einmal mehr die Stimmung in der eigenen Partei – und verlor deren Unterstützung.

Milbradts Nachfolger Stanislaw Tillich ist da anders. Er kann zuhören, er kann begeistern. Er ist zudem Sachse. Das wird ihm helfen, in der eigenen Partei, beim Koalitionspartner, vielleicht auch beim Wahlvolk, dem er sich schon im nächsten Jahr stellen muss.

Der Stil in der sächsischen Politik wird sich also ändern, die Politik selbst wohl kaum. Tillich wird in der Sache dort weitermachen, wo Milbradt es nicht mehr konnte, weil ihm als Person niemand mehr folgen mochte. Eine Regierung, die endlich wieder handelt statt zu streiten, das ist es, was Sachsen jetzt braucht. Mit seinem Rücktritt hat Georg Milbradt den Weg dafür freigemacht. Er tat dies spät, aber nicht zu spät.

Nein, Demokratie ist nicht gerecht. Aber Demokratie funktioniert. Auch dafür ist der Politiker Georg Milbradt ein Beispiel.