Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 10.05.2008

Polizeikellen-Einsatz: „Jurk ist sein Amt offenbar zu Kopf gestiegen“

 
Dresden. Scharfe Kritik, aber auch menschliches Verständnis – der unerlaubte Einsatz der Polizeikelle auf der Autobahn von Verkehrsminister Thomas Jurk (SPD) hat gestern ein unterschiedliches Echo ausgelöst. Scharf ging vor allem die FDP mit dem SPD-Chef ins Gericht. „Jurk ist sein Ministeramt offenbar zu Kopf gestiegen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Torsten Herbst. „Von einem Minister erwarten wir ein deutlich höheres Maß an persönlicher Integrität und menschlichem Anstand.“ Mit einer Entschuldigung könne man die Sache vielleicht zwischenmenschlich bereinigen. „Aber die offensichtliche Charakterschwäche bleibt“, so Herbst.

In der CDU sorgte die Aktion für Kopfschütteln. Kritisch gesehen wird vor allem, dass der Minister seinen Fahrer zum Stopp auf der Autobahn und damit in rechtliche Schwierigkeiten brachte. Zurückhaltend äußerte sich dagegen Ex-Staatskanzlei-Chef Hermann Winkler: „Ich kenne Herrn Jurk seit Jahren. Sicher sind die Emotionen mit ihm durchgegangen. Eine Absicht zum Machtmissbrauch unterstelle ich ihm nicht.“

Jurk hatte am Montagabend auf der A 13 von Berlin nach Dresden einen Motorradfahrer mit einer Polizeikelle gestoppt, nachdem der Biker durch heftiges Bremsen und Spurwechseln den Dienstwagen in Bedrängnis gebracht haben soll. Die Generalstaatsanwaltschaft leitete Vorermittlungen wegen des Verdachts der Amtsanmaßung und Nötigung ein. Zuständig ist die Staatsanwaltschaft Dresden. Jurk selbst hatte den Vorfall als „dummen Fehler” eingeräumt. Das würdigt auch Parteifreund Karl Nolle: „Es war eine Dummheit – aber er hat sich anders als andere öffentlich entschuldigt.“

Moderat zeigte sich daher die Linke. Die Sache sei Jurk zu Recht peinlich, doch durch die Blamage sei er bereits genug gestraft. „Man sollte die Kirche im Dorf lassen“, sagt Linke-Fraktionschef André Hahn. Im Gegensatz zu anderen, die ohne Schuldbewusststein Milliarden mit der Landesbank in den Sand gesetzt hätten, habe Jurk Einsicht gezeigt. In einer Kleinen Anfrage werde er jedoch Auskunft darüber verlangen, ob Polizeikellen auch in Dienstfahrzeugen anderer Politiker liegen und wie oft sie zum Einsatz kamen.

Der Sprecher des Innenministeriums, Lothar Hofner, stellte auf Anfrage jedoch klar: „Polizeikellen gehören ausschließlich in Polizeifahrzeuge – und nicht in andere Dienstwagen der Regierung.“ In Berlin, so wird berichtet, soll es aber zuweilen Praxis sein, eine Polizeikelle hinter die Windschutzscheibe zu legen, um Strafzettel wegen Falschparkens zu vermeiden.
Sven Heitkamp