Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 01.04.2008
Milbradt vorm SLB-Ausschuss: ‚Da dürfen Sie nicht mich fragen'
DRESDEN - Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) stand gestern als Zeuge vor dem Landesbank-Untersu-chungsausschuss.
Nach fünf Stunden ließ SPD-Obmann Karl Nolle eine Bombe platzen: Michael Sagurna (CDU), Minister und Chef der Staatskanzlei, arbeitete jahrelang in Sachen SLB gegen Milbradt.
Karl Nolle hat es genossen, als Milbradt ihm vorwarf, negative Geschichten über die einstige SLB-Tochter „Mitteldeutsche Leasing" (MDL) in der Presse lanciert zu haben. Damals stritt die SLB mit ihrem ehemaligen MDL-Gesellschafter Ludwig Hausbacher um dessen Abfindung. Die betrug letztlich 15 Millionen Euro. Ende 2007 erschoss sich Hausbacher unter mysteriösen Umständen.
Nolle: „Herr Ministerpräsident, wissen Sie eigentlich, wer gegen Sie gearbeitet hat? Ihr Minister: Michael Sagurna!" Dann legte er den entsprechenden Vertragvor: Von 2004 bis 2007 übernahm Sagurna, heute engster Berater Milbradts, die Pressearbeit und PR-Beratung für Hausbacher. Kassierte dafür monatlich 1000 Euro!
Milbradt bestritt erst, dass er Kenntnis von dem Vertrag habe. Dann räumte er ein, dass Sagurna ihm „etwas vor seinem Amtsantritt" im Herbst 2007 erzählt habe. Regierungssprecher Peter Zimmermann versucht zu beschönigen: „Der angesprochene Vertrag ist ein pauschaler Standardvertrag für eine regelmäßige gelegentliche Beratung, wie er in der Kommunikationsbranche oder bei Anwälten üblich ist."
Es war das einzige Mal, dass Milbradt sprachlos war. Zu Beginn der Sitzung verlas er 150 Minuten seine Sicht der Dinge, wie es zum SLB-Desaster kam. Sein 67-seitiges Manuskript verteilte er zuvor an die Presse, nicht aber an die Ausschussmitglieder. „Was ich der Presse gebe, ist meine Sache", frotzelte er, als Ausschussmitglieder sich beschwerten. In der folgenden Vernehmung verwies er jedoch die Fragesteller stets auf seine verlesene Aussage. Überhaupt war Milbradt äußerst nervös und launisch. So belehrte er die Ausschussmitglieder im professoralen Stil immer wieder: „Also noch mal ..." oder „da dürfen Sie nicht mich fragen".
Persönlich sei er überhaupt nicht für den SLB Crash verantwortlich. Er sei weder „der Vater der SLB" - obwohl er 1991 als Finanzminister bei der Gründung federführend war. Noch sei er der „Vater für die Neuausrichtung" der Geschäfte gewesen. Verantwortlich sei allein der SLB-Vorstand gewesen. Vor allem ihr
einstiger Vorstands-Chef Herbert Süß. Die Kontrollgremien hätten nur unzureichende Informationen bekommen. Milbradt: „Informationen der Vorstände haben die politische Ebene überhaupt nicht erreicht."
Da reichte es Karl Nolle: „Die Staatsregierung, allen voran der Ministerpräsident, haben aber eine Aufsichts- und Kontrollpflicht. Sie hätten diese Informationen schlicht einfordern müssen. Und haben damit klar versagt!"
Heute wird die Vernehmung im Landtag fortgesetzt.
Jens Jungmann