Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 11.06.2008

"Unser Problem ist die PDS"

Nach der Wahl: Interview mit Sachsens SPD-Chef Thomas Jurk
 
DRESDEN - Nach 9,8 Prozent bei den Landtagswahlen 2004 nun 11,6 Prozent bei den Kommunalwahlen: Die SPD kommt aus ihrem Tief in Sachsen nicht heraus. Morgenpost-Redakteur Jens Jungmann sprach dazu mit Thomas Jurk (45) - seit vier Jahren SPD-Chef in Sachsen.

Herr Jurk, wie zufrieden sind Sie mit dem Wahl-Sonntag?

Thomas Jurk: Mit dem Ergebnis kann man nicht zufrieden sein. Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass unsere große Stärke in den Städten liegt. Wir werden künftig daran arbeiten müssen, im ländlichen Raum mehr Präsenz zu zeigen. Das heißt, die Arbeit der Ortsvereine muss neu aufgestellt werden, wir müssen künftig mit unseren Themen direkt auf die Leute zugehen.

In neun von zehn Kreistagen liegt die SPD hinter der Linken. Werden Sie zwischen Linken und CDU zerrieben?

Die CDU ist nicht unser Problem. Unser Problem ist die populistische PDS. Die PDS schaut nicht auf die Finanzierbarkeit ihrer Versprechungen. Die PDS ist eine Jahrmarktpartei von Lafontaine, die in Regierungsverantwortung schnell entzaubert wird und ihre Versprechen nicht umsetzen kann. Das beste Beispiel war doch die kurze Amtszeit von Gysi in Berlin als Wirtschaftssenator.

Wieso gelang es der SPD nicht, zu punkten, obwohl die CDU mit Themen wie Landesbank oder Kreisreform unter Druck stand?
von Jens Jungmann
Weil wir landesweit keinen Themenwahlkampf hatten. Es ist uns diesmal nicht gelungen, mit Themen zu punkten. Die Wähler haben sich offenbar nur für Personen interessiert, die einen Amtsinhaber-Bonus hatten - damit hatte die CDU einen Vorteil.

Selbst die NPD hat die SPD punktuell überrundet. Was wollen Sie gegen die Rechtsextremen bis zur Landtagswahl tun?

Wir können gar nicht so viel Geld in Bildung investieren, wie nötig wäre, um die NPD-Wähler aufzuklären, was sie eigentlich tun. Aber alle demokratischen Parteien zusammen müssen nun eine Gegenbewegung bilden. Es darf nicht mehr vorkommen, dass etwa ein Nazi bei einem Dorffest am Grill steht. Wer sich zu den Nazis bekennt, muss ganz klar ausgegrenzt werden.

Im Kreis Leipzig liegt Ihre Kandidatin hinter Gerhardt Gey (CDU). Der neue Großkreis sollte doch eigentlich ein SPD-Kreis werden. Was lief schief?

Nichts! Petra Köpping hat einen tollen Wahlkampf gemacht. Herr Gey hat die Unwahrheit von Georg Milbradt aber im Wahlkampf weiter verbreitet, dass der Kreissitz Borna ein Geschenk an die SPD war. Das ist und bleibt falsch, und das werden wir im neuerlichen Wahlkampf auch laut sagen. Wir gehen fest davon aus, dass wir im zweiten Wahlgang auch gewinnen werden.

Warum bekommt die SPD in Sachsen seit Jahren keinen Fuß in die Tür, schrammt nur an der 10-Prozent-Marke?

Das ist falsch. Bei den Bundestagswahlen 2002 hatte die SPD in Sachsen 33,3 Prozent. Es gibt also viel Potenzial für uns. Sachsen ist und bleibt historisches Stammland der Sozialdemokraten. Aber es stimmt, nach 1990 ist einiges schiefgelaufen, was noch nachwirkt. Es dauert Zeit, wieder stark zu werden. Aber warten Sie doch den Wahltag 2009 ab.

Bundesweit schadet der SPD der Schwenk hin zur Linken. In Dresden spricht sich Ihr OB-Kandidat nun für deren Kandidaten im zweiten Wahlgang aus. Ein verheerendes Signal für die Wahlen kommendes Jahr, oder?

Auf kommunaler Ebene gelten andere Regeln als im Bund oder im Land. Vor Ort geht es um Personen, da werden Bündnisse geschlossen. In Hoyerswerda haben wir schließlich auch den CDU-Kandidaten unterstützt, ohne dass es heißt, wir senden gleich irgendwelche Signale aus. Wir bleiben bei unserer Aussage: Wir werden kein Juniorpartner der PDS nach den Wahlen.

Ist die Sachsen-SPD personell und inhaltlich noch richtig aufgestellt?

Wir haben das richtige Programm. Ich erinnere nur an die Bereiche Wirtschaft oder auch Bildung, da sind wir präsent und prägen die Debatten. Natürlich gibt es punktuell Themen, die wir stärker gewichten müssen. Aber dafür haben wir im November einen Parteitag. Personell sind wir sehr gut aufgestellt. Wir haben sehr gute eigene Mitglieder in der Fraktion und auch viel gut qualifizierten Nachwuchs. Da mach ich mir keine Sorgen.